Jahrgang 
14. Band (1888)
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IV.

Geistliches Recht und geistliche Gerichts­barkeit in Bremen.

Von

A. Kühtmann.

Heute ist es durchaus kein unanfechtbarer Lehrsatz mehr wie vor fünfzig Jahren, dass die Reception des römischen Rechts ein Kulturfortschritt gewesen sei und unser einheimisches Recht in Folge seiner UnVollkommenheit mit Fug zum grossen Theil den Untergang erlitten habe.

Manche skeptische Gemüther meinen, das mittelalterliche Deutschland habe sich recht wohl wie die Schweiz des römischen Rechts als einer lex scripta erwehren können, indem sie sich der Ansicht des Professor Franklin anschliessen*):

Nicht eine Mangelhaftigkeit des Rechtszustandes an sich war zu beklagen und führte die Aufnahme des fremden Rechts herbei, sondern der Rechtszustand wurde erst mangelhaft, als das römische Recht sich verbreitete und ungelehrte Urtheiler sich genöthigt fanden, sich mit demselben abzufinden."

Wie man sich aber auch zu der Frage stellen mag, darüber herrscht allgemeines Einverständniss: der Vorgang der Reception der fremden Rechte ist einer der culturgeschichtlich wichtigsten, dessen Darstellung und Erklärung durch die bisher gelieferten

Franklin, Beiträge zur Geschichte der Reception des römischen Rechts in Deutschland. Seite 120.