Der Nachlass der Bremer Begine Elisabeth von der Lippe. Ein Notariatsinstrument aus dem Jahr 1501
Von Jörg Voigt*
Am 13. Februar des Jahres 1501 trafen sich um ein Uhr nachmittags mehrere Personen am Beginenhaus bei der St. Katharinenkirche in Bremen, um den Nachlass der Begine Elisabeth von der Lippe aufzunehmen, die in diesem Beginenhaus gelebt hatte und kurz zuvor verstorben war. 1 Zum einen waren dies die beiden Bremer Ratsherren Klaus Gottfried Kemener und Dietrich Schorhar, zum anderen Hermann Buseke, der Priester und Prokurator der Zisterzienserinnen in Lilienthal. Diese drei gingen nun durch verschiedene Räume des Beginenhauses und nahmen dort alle Gegenstände des Nachlasses der Begine Elisabeth auf. Als Zeugen für die Sichtung des Nachlasses werden der Baumeister der Bremer Liebfrauenkirche (»boumester to unnsßer leven vrouwen«), Wyymer van Borken, und der Bremer Bürger Johann Munt genannt. Abschließend wurden die inventarisierten Gegenstände in einem Notariatsinstrument schriftlich fixiert, das der Notar und Geistliche Johannis de Renis ausstellte, wodurch dieser Vorgang dauerhaft Rechtsgültigkeit erlangen sollte.
Mit Blick auf die überlieferten Quellen zum spätmittelalterlichen Beginenwesen handelt es sich bei diesem Notariatsinstrument, das den Nachlass einer Begine überliefert, nach jetzigem Kenntnisstand um eine äußerst seltene Quelle - nicht nur für Bremen, wo sich bereits vor 1258 zwei Gemeinschaften dieser religiösen Lebensform von Frauen gebildet hatten. Auch aus den zahlreichen anderen Beginengemeinschaften in Deutschland sind Quellen dieser Art weitgehend unbekannt. 2 Daher soll dieses Notariatsinstrument in diesem
* An dieser Stelle möchte ich meinem Kollegen Herrn Robert Gahde M. A. (Stade) für den Hinweis auf dieses Notariatsinstrument ganz herzlich danken. Ebenfalls danke ich den Herren Dr. Arend Mindermann und Dr. Thomas Bardelle (beide Stade) sowie Frau Diana Ascher M.A. (Leipzig) sehr herzlich für ihre Hilfen bei der Transkription des Textes.
1 Die Begine Elisabeth von der Lippe ist nach jetzigem Kenntnisstand nur in diesem Notariatsinstrument nachweisbar. Ihr familiärer und sozialer Hintergrund bleibt offen, da sie sehr wahrscheinlich nicht mit dem vor allem im 13. Jahrhundert einflussreichen Adelsgeschlecht von der Lippe verwandt war, aus dem z.B. der Bremer Erzbischof Gerhard II. (t 1258) stammte.
2 Erste Zugänge zu den Beginen in zahlreichen Städten bietet Frank-Michael Reichstein, Das Beginenwesen in Deutschland. Studien und Katalog (Wissenschaftliche Schriftenreihe Geschichte, Bd. 9), Berlin 2001; zum Beginenwesen vor allem im 13. und 14. Jahrhundert vgl. Jörg Voigt, Beginen im Spätmittelalter. Frauenfrömmigkeit in Thüringen und im Reich (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe, Bd. 32), Köln u.a. 2012.
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