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Kampf der Kirche seit 1814.
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brach der Aufruhr los und Karl X. wurde durch die in den Straßen von Paris erkämpften Volkösiege vom 27. bis 29. Juli 1830 genöthigt, abzudanken und mit seiner Familie Frankreich zu verlassen. Am 8. August wurde der Herzog von Orleans, Louis Philipp, von den Kammern zum König der Fran­zosen erwählt und nachdem dieser durch den Ausstand vom 24. Februar -1848 dasselbe Schicksal wie sein Vorgänger erlitten, die französische Republik und darauf das napoleonische Kaiserthum wieder hergestellt.

Unter diesen Umständen hat sich in Frankreich die Grundlage zu einem nationalen Kirchenthum nicht gestalten können, vielmehr hat sich die neue Schöpfung in diesem Gebiete in den wilden Schößlingen des Demokratengeistes an den Tag gelegt. Als solcher wilder Schößling zeigte sich zunächst der St. Simonismns, gestiftet von dem Grafen St. Simon, der in den amerika­nischen Freiheitskriegen mitgefochten und in Amerika, wo der Staat allein auf Industrie gegründet ist, die Idee aufgenommen hatte, der Industrie, als dem Hauptmittel einer bessern Organisation der Staaten, eine für alle Classen wohlthätigere Gestalt zu geben. Er ging dabei von einer neuen Anordnung der Industrie aus, ging dann auf Gelehrsamkeit und Künste und endlich auch auf die Religion über, kündigte daher ein neues Christenthum an, welches nicht einseitig dem Spirituellen zugewendet, sondern dem Materiellen, dessen Bearbeitung die Aufgabe der Menschen sei, sein Recht lassend und alle mensch­lichen Interessen vereinigend und befriedigend, das größte mögliche Glück auf Erden verbreiten sollte, indem von einer angemessenen Anordnung der Industrie, als der Grundlage der Gesellschaft, ausginge, also eigentlich die materiellen Interessen zur Religion erhöbe. Die St. Simonisten erklärten es für den Grundfehler der bestehenden Gesellschaft, daß eine Classe von Menschen nur da fei, um für die andern Müssigen zu arbeiten, in deren Hände aller Reichthum zusammengeflossen sei. Daher müsse alles Privateigentum auf­hören und die Gesellschaft alles Eigenthum haben: jeder der Gesellschaft Bei­tretende müsse also, sein Vermögen der Gesellschaft übergeben. Die Gesellschaft sollte dann einem jeden seine Arbeit nach seiner Fähigkeit zutheilen unv ihn nach seiner Arbeit belohnen. Alle Privilegien d.er Geburt sollten aufhören, auch das Weib sollte nicht mehr abhängig sein vom Manne und von Aemtern und Gewerben nicht mehr atisgeschlossen. In seiner Religion erklärt der St. Simonismus den Gegensatz von Geist und Materie nur sür ein Werk menschlicher Reflexion: Gott ist das unendliche allgemeine Wesen, das Aillel'en, die lebende Welt, nicht blos Geist, sondern auch Materie. Der Mensch ist die endliche Offenbarung Gottes, und hat den Zweck, ohne Aufhören in Gott zn wachsen, d. i. fortzuschreiten in Kunst, Wissenschaft und Industrie; denn alle Wissenschaft ist ein Wissen von Gott, alle Industrie ist ein Cultus Gottes, die Kunst, sofern sie die Gefühle anregt, ist Religion. Ein anderer wilder