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Die Belagerung von Sebastopol durch die Heere der Westmächte gegenüber der Belagerung und Erstürmung von Tarragona durch Marschall Suchet im Jahre 1811.
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erwarten zu können glaubte. Statt der Capitnlation scheint mit jedem Tage der Augenblick näher heranzurücken, welcher durch den Untergang der vergebens so tapferen Heere den fatalen AnSgang einer übel berechneten Erpedition bezeich­nen wird.

Man schlägt sich mit bewundernswürdiger Tapferkeit bei Nacht und bei Tage in den Laufgräben. Aber der Kampf führt zu nichts weiter, als das weite Todtenfeld von Sebastopol mit' neuen Leichen zu füllen. Als ob ein Dutzend solcher mörderischer Kämpfe viel weniger an Menschen kostete, als ein einziger concentrisch ausgeführter herzhafter Sturm?

Die bisherige erfolglose Anstrengung, das vergebliche Würgen hat die Erbitterung der Belagerer zur Wuth aufgestachelt; alle sind nur von einem Wunsche belebt, vom Wunsche zu stürmen! Aber ihre Sehnsucht blieb eben Sehnsucht! Die Flamme beS Muthes, welche die Herzen der tapfern Soldaten jetzt noch erwärmt, musz endlich in sich selbst zusammensinken und lang­sam erlöschen. Gleich der Lampe, der es an Nahrung gebricht, verraucht des Kriegers Feuer, wenn es nicht benutzt wird; grollend beugt ersieh endlich nur noch der Disciplin.

Wunderbarerweise ist aber auch von Seite der Russen, die so zahlreich in der Nähe versammelt sein sollen, noch kein Versuch gemacht, die bedrängte Festung zu entsetzen, die Belagerer ins Meer zu werfen, wie es ein Feldherr Napoleons, dem eine solche Macht zn Gebote gestanden, unfehlbar gethan haben würde. Will man vielleicht über den feinen russischen Unterhandlungen einen zweiten Winter herankommen lassen, um dem verbündeten Heere den Todesstoß zu versetzen?' Möglich!--

Während man sich nun in diesen Tagen vergebens anstrengt, den Ur­sachen deS gegenseitigen Unterlassens auf den Grund zu kommen, ist es ein­fach zu begreifen, wenn unter den Beobachtern dieser nicht gewöhnlichen Ver­hältnisse einige, unter diesen aber besonders Leute von Fach, Veranlassung nehmen, zwischen der gegenwärtigen Belagerung von Sebastopol und den Be­lagerungen und Eroberungen andrer fester Platze, von denen sie, selbst noch wol während der letzten Kriege Augenzeugen gewesen, prüfende Vergleiche zu ziehen.

Läßt man die Reihe von Belagerungen, die während der von Napoleon >. geführten Kriege stattfanden, an sich vorübergehen, so dürste man vielleicht die Belagerung einer Festung gan; besonders als eine solche erkennen, welche sowol hinsichtlich der Oertlichkeit als in Betracht der Belagerung und Ver­theidigung mit Sebastopol in Vergleich gestellt werden könnte. Wir meine» die spanische Festung Tarragona in Eatalvnien, welche im Jahre 1»ll nach S7tägiger Belagerung vom Marschall Suchet mit Sturm eingenommen wurde.