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Die Leipziger Abonnementconcerte im Winter 1854-55. 3.
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in diesem Jahre wieder sechs Unterhaltungen, so daß ein reiches und viel­seitiges Nepertoir gebildet werden konnte, dessen Zusammensetzung im Ganzen befriedigend ausgefallen ist. Von Beethoven wurden vier Quartetts auf­geführt und zwar meist solche, die man seltener zu Gehör bekommt, das in vclur mit der Fuge (Op. 39, 3), das sogenannte HarfenqUartett (Op. 74), das in l^moUsOp.) und das große Quartett in IZcwr (Op. 130); von Haydn drei; von Mozart das in eclrir (das angekündigte Quintett in Lgcwr unter­blieb wegen eines plötzlichen Zwischenfalls); von Cherubini das dritte in vmoll, ein feuriges, geistvolles Werk, das lebhaften Beifall fand; von Mendelssohn Op> ii, 3; von Schumann das dritte in ^cwi-, das ein Lieb­ling des Publicnms geworden ist. Ferner kam noch ein Quintett von Veit, eine achtbare Composition eines gründlich gebildeten Dilettanten und das Octett von Gcide zur Aufführung, ein angenehmes Tonstück, das aber mit andern Gadeschen Compositionen und selbst mit Mendelssohns Octett eine nähere Verwandtschaft zeigt, als billig ist.

Mir Ausnahme einer einzigen Unterhaltung war dies Mal auch die Clavier- mnsik regelmäßig vertreten und es ist gewiß nichts dagegen einzuwenden, daß man diese Soireen als der Kammermusik überhaupt gewidmet ansieht. -Fräulein Goddard spielte das IZ «lur-Trio von Beethoven sehr schön in den Partien, wo es auf Zartheit und Eleganz ankam, den großen, wahrhaft männlichen Charakter, der sich in diesem außerordentlichen Werke nach den verschiedensten Seiten hin ausspricht, wiederzugeben war sie nicht fähig. Hr. Nubinstein spielte ein Trio eigner Composition, das zwar keine hervorstechende Eigen­thümlichkeit oder gar Genialität verrieth, aber im Ganzen klar und wohl­klingend war und von der unmanierlichen Ercentricität sich meistens freihielt, welche seine größeren Kompositionen so abstoßend macht. Sein Spiel war auch hier durch Kraft und Fertigkeitstupend" aber weder correct noch sauber, und nicht wohlthuend. Einen Gegensatz dazu bildete Hr. Hiller mit seinem soliden und ausgearbeiteten Spiel, welcher eine Serenade für Pianoforte, Violine und Cello und Variationen für Pianoforte allein vortrug, die etwas zu sehr an das'Vorbild Mendelssohns erinnerten. Endlich spielte Hr. Drey- schock das «Umoll-Trio von Beethoven ohne Virtuosenhafte Zuthat, correct und sauber, aber ohne eine Spur von geistiger Auffassung und künstlerischer Durchdringung; Hr. Schulhoff ohne Vergleich besser und lebendiger die Omall-Sonate für Pianoforte und Violine von Beethoven, aber doch nur wie einen abgeforderten Tribut. Daß man die Anwesenheit berühmter Vir­tuosen benutzt, um dem Quartett durch ihre Mitwirkung einen eigenthümlichen Reiz zu geben, ist an sich ja ganz in der Ordnung, allein manche von ihnen braucht man gar nicht öfters zu hören, da es genügt, das Factum zu cvn- statiren, daß sie diese oder jene Fertigkeit im eminenten Grade besitzen, und