Beitrag 
Die Leipziger Abonnementconcerte im Winter 1854-55. 3.
Seite
289
Einzelbild herunterladen
 

Z8i>

Haake) und Rietz^ in einem Concert von Viotti; ferner Herrn Concertmeister D re ysch ock mit dein Glöckchenrondo von Paganini (im Pensionsconcrrt); Herrn Wollenhaupt in einem Concert von Vieurtemps, Herrn Land­graf in dem Clarinettconcert von Rietz und Herrn Lindner in einem Concert für das Horn von van Bree. Unter den auswärtigen Virtuosen mag der Vollständigkeit wegen auch Herr Baumgärtel als Oboist genannt werden; der Rest ist Claviervirtuosen, die als Opfer auf den Altar der classischen Musik ein Concett von Mendelssohn niederlegten und dann an Salonpiecen sich und dem Publicum gütlich thaten. Fräulein Gvddard, welche die Reihe eröffnete, zeichnete sich durch eine ungemein saubere, präcise, technische Ausführung und vortrefflichen Anschlag aus, so daß ihr Spiel da, wo es nicht auf Feuer, Kraft und tiefere Auffassung ankam, kaum etwas zu wünschen übrigließ; sie spielt so schön, als man es nur von einem jungen Mädchen erwarten kann, über die Schränken des Geschlechts, welche nur eine Künstlerin überwindet, ist sie nicht hinausgekommen. Die Herren Drey schock und Schulhoff sind an­erkannte Claviergrößen; Herr Drey schock hat von Sr. Majestät dem König Friedrich VII. von Dänemark die schmeichelhafte Versicherung, daß er ihm ein früher nie geahntes Vergnügen bereitet habe und den Dannebrvgvrden erhalten; Herr Schul Hofs hat in der Metropole der Intelligenz Triumph auf Triumph erspielt; nur daß man ihn noch nicht zum Doctor der Philosophie gemacht hat. Bekanntlich sagte bie>Catalani von der Sonntag: ölle es«, gran^s cZuns sän geru'ö, mais, son xenrö est pvlit was würde sie wol von diesen Herren gesagt haben?

Nicht allein alö Klavierspieler, sondern mehr noch als Componist trat Herr Hiller auf. Er dirigirte seine Ouvertüre zu Phädra, seine Syn- fonieIm Freien" und spielte ein Concert in Isismoll eigner Compvsition. Herr Hiller stand bei dem leipziger Publicum früher in entschiedener Un­gunst und erfuhr auch jetzt, besonders in seinen Compvfitionen eine etwas laue Aufnahme. Ueber die Slellung Hitlers als Musiker sind die Meinungen kaum sehr getheilt. Er ist ein Mann von Geist und vielseitiger Bildung, von unleugbarer musikalischer Begabung, geschickt und sicher in allem, was Form und Technik anlangt, dnrch Einsicht und Geschmack vor Extravaganzen und Plattituden gesichert, allein ihm fehlt Genialität und ureigenthümliche Schöpfer­kraft. Vielleicht könnte man sich versucht fühlen, das passive Verhalten des Leipziger Publicums gegen Hitlers Composirionen als einen Beweis strengen Urtheils und feinen Geschmacks anzusehen, die nur daS Höchste gelten lassen wollen und bann müßte man es loben. Leider bleibt bei dieser Annahme die Unempsindlichkeit desselben Publicums bei manchem wahrhaft Großen und sein herzinniges Behagen an so manchem Unbedeutenden, ja Trivialen unerklärt und man kann daher die Ungeneigtheit, das viele sehr Schätzbare und An- Grcnzboten. II. t8äö. 37