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Menno Simonis, Mennoniten genannt. Sie kamen meistens aus Nordholland, wo sie den Druck, dem sie ihrer religiösen Ueberzeugung wegen unterworfen waren, nicht länger ertragen mochten und im polnischen Preußen damals ein anderes Vaterland suchten. Ihre Namen: Dyk, von Riesen, Cornelius, Sudermann, Regier, Claaßen, Jansvn u. s. w. bekunden noch ihre Abkunft von dort.
Die ersten deutschen Ansiedler hatten sich in geschlossenen Dörfern angebaut, die Feldmark in drei Felder und ihre Ackerstücke nach deutscher Art in bandförmige Streifen getheilt und letztere nach dem System der Dreifelderwirthschaft benutzt. Bei jedem Dorfe befanden sich aber noch an den Grenzen weite uncultivirte Strecken. Auch lag der niedrigste Theil der Werder nach dem Haffe zu und am Ausflusse der Weichsel und Nogat noch in einem sumpfähnlichen Zustande. Diese Landstücke erwarben die eingewanderten Mennoniten. Da diese aber ein dörfliches Zusammenleben nicht kannten, ja sogar haßten, so bauten sie, ein jeder abgesondert für sich, einzelne Höfe auf. Diejenigen von ihnen, welche mehr Neigung zum Ackerbau hatten, erstanden jene Außen- ländereien an und um den Dörfern der Deutschen und es entstanden die hier sogenannten Feldhöfe an den Grenzen der Feldmarken geschlossener Dörfer. Diejenigen Mennoniten aber, und dies war die Mehrzahl, welche sich die Viehzucht zum Erwerbzweig erwählt hatten, zogen in die niedrigste Werdergegend, die mit den saftigen Triften ihres fernen Unterlandes soviele Aehnlichkeit hatte; sie entwässerten den Boden ^und legten die unzähligen Wind-, Roß- und Schöpfmühlen an, welche jener Gegend einen echt holländischen Anstrich gaben und die das angesammelte Schnee- und Regenwasser von den niedrigen Wiesen in die höherliegenden Kanäle hinauftreiben müssen.
Vorzüglich bietet das Marienburger Werder dem Reisenden einen ebenso neuen als reizenden Anblick dar. Von den Zinnen der Hochburg aus gesehen breitet dasselbe sich wie ein unabsehbarer Lustgarten vor den Augen des Beschauers heiter lachend aus. Wie wenige in Deutschland kennen diese an Ueppigkeit und Segen mit dem Nildelta wetteifernde Landschaft, wo die Quadratruthe Landes Goldes Werth hat. Im goldenen Fruchtkranze üppiger Getreidefelder, mit dem saftigen Grün hochhalmiger Wiesen geschmückt, wo das weidende Rind bis an die Brust im duftenden Klee watet, mit schnurgeraden Doppelreihen krausköpfiger Weiden geziert, welche die gesellig verbindende Landstraße von Dorf zu Dorf leiten, und gekrönt mit einer Menge ehrwürdiger Kirchthürme, die aus umbuschten prangenden Dörfern zum Himmel einporweisen, — so fesselt es den Blick deS aus der Ferne kommenden Beschauers. Hier schmiegt sich die gepflasterte Kunststraße, die von der Marien- burg zum nordischen Venedig hinführt, mit fruchtbeladenen Obstbaumreihen, wie ein grüngerändertes Band durch die Ebene; dort blicken ein-
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