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Wilhelm von Kaulbach in Berlin.
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zu besitzen, denen vielleicht wieder die großen Eigenschaften von senem fehlen- Daher ist denn der jetzt so häufig angestellte Vergleich zwischen Kaulbach und Cornelius höchst unfruchtbar. Man sollte sich vielmehr freuen, daß die Exi­stenz zweier so großer und so verschiedener Geister in einer Kunstperiode ihr die Möglichkeit so hoher Blüte gibt.

Der MlirmonenstM Deseret.

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Kaum weniger lehrreich und interessant, aber auch kaum weniger räthselhaft als die Erscheinungen auf dem Gebiete des politischen Treibens in Amerika sind für ein europäisches Auge die Begebenheiten und Zustände aus dem Felde seines religiösen Lebens. Ja das chaotische, widerspruchsvolle, unreife und hastige Wesen, welches jenes charakterisirt, tritt an diesem noch um vieles deut­licher und verletzender zutage. Nichts verstößt so sehr gegen die gewöhnlichen Begriffe von dem, was möglich ist, nichts schlägt der Bildung des neunzehn­ten Jahrhunderts so sehr in die Augen, daß es in diesen Kreisen nicht Aus­sicht hätte, sich im weitesten Umfange geltend zu machen.

Wenn wir hier einen gesunden Verstand mit einer kranken Phantasie gepaart und die Ehe beider mit Kindern lebensfähiger Art gesegnet finden, so mag das nicht eben verwunderlich sein. Wenn wir dort Speculanten begegnen, die in Offen­barungen machen, wie andre in Eisenbahnactien, Pökelfleisch und Baumwolle, so mag dies bei einem Handelsvolke erklärlich sein und Manchem selbst wohlgethan erscheinen. Wenn da ein Grübelkopf sich in das Pünkrchen über einem I hinein­arbeitet und solange daran bläst und baut, zieht und zimmert, bis eine neue Welt daraus geworden ist, so ist auch das nichts Neues unter der Sonne. Mehr befremden dagegen kann es, wenn wir solchen und ähnlichen Propheten Massen von Menschen zufallen und auf die Dauer anhangen sehen, die im gewöhnlichen Handel und Wandel sich der besten Sinne erfreuen. Noch er­staunlicher muß es erscheinen, wenn hier, wo die Selbstregierung bis zur Grenze des Möglichen ausgebildet ist und die schrankenloseste Freibeit von allen als Palladium geehrt und eifersüchtig gehütet wird, Tausende sich von Priestern in Fesseln schlagen lassen, die bei weitem drückender sind, als die, welche Rom den Völkern deS Mittelalters anlegen durfte. Völlig unbegreiflich endlich ist es auf den ersten Blick, daß eine Erscheinung, ^die alle die angedeuteten Widcr- sinnigkeiten des amerikanischen Sektenwesens in sich vereinigt, nicht blos Bestand gehabt hat, sondern sogar von Erfolgen der glänzendsten Art begleitet gewesen ist.