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Correspondenzen.
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wieder, welche ich Ihnen in einem Anfsatz aus dem Monat December vorigen Jahres beschrieben. Die Scene ans der eng eingegrenzten Wasserfläche nnd über diese hinaus, war nicht ohne Interesse. Am Tauwerk der mächtigen schwimmenden Kriegskolosse hingen spitz nnd zackig die Eiszapfen hernieder. Schnee bedeckte die Werften und sogar das Nippwcrk des gewaltigen Zweideckers, der bei Aiuali Ka- wack auf dem Stapel steht. Wie seltsam nahmen sich die vielkuppcligeu Niesenmvsch,een drüben im eigentlichen Konstautiuopcl unter ihrer weißen Verhüllung aus! Auch die sonst stets dunklen nnd düstren Cyprcssen waren weiß übcrbancht nnd trugen ein im Sonnenstrahl blitzendes nnd glitzerndes Geschmeide von tausend und abertausend Eissterncheu.

Bei solchem Wetter mnßtc in den letzten Tagen selbstredend dasknospende Leben in Bänmen uud Sträucherü", von dem ich ihnen jüngst schrieb, schnell ver­enden. Der Rasen selbst hat gelitten und schimmert da, wo der Schuee von der Mittagssonne hinweggeküßt wurde, nicht mehr im früheren sammetnen Glanz; indeß bietet man in der großen Perastraße und in der Ihnen bekannten Blumen­gasse schon seit acht Tageu Veilchen in Menge aus und neuerdings fand ich reiche Bouquets von Rosen nnd Nelken, Levkojen und Goldlack in den flachen Körben der Verkäufer liegend.

Von Neuigkeiten lassen Sie mich heute »och schweigen; es gibt deren kaum. Aus der Krim lavtcn die Berichte nach wie vor nur weuig zufriedenstellend, indeß verdient es angemerkt zu werden, daß der Gesundheitszustand der englischen Truppen infolge zweier Umstände: durch Eintritt des Frostes und weil sie nunmehr unter Baracken lagern, um etwas besser geworden ist. Man verliert per Woche nicht mehr soviel Leute wie vordem. Dagegen kamen viele Mannschaften infolge directer Einwirkung der Kälte nm oder wurden mindestens dienstunfähig. In der franzö­sischen Armee allein berechnet man die Zahl der Erfrorenen nnd derer, denen Glieder abgenommen werden mußten, aus -1900 Maun. Ueber die russische Armee verlautet: sie habe in den beiden letzten Wochen ganz enorme Verstärknnge» empfangen. Wie es scheint waren die französischen Generalstabsoffiziere untereinander nicht einig darüber, welche Truppeutheile man in den neu eingetroffenen Massen vor sich habe, aber es überwog die Meinung: dies seien anderthalb oder zwei Divisionen der Garden, unter Führung des Großfürsten Alexander (Thronfolger). Ihr Bericht­erstatter kann dieser Ansicht nicht beistimmen. Er hat die Bewegungen der rus­sischen Nordarmeecorps (Gardeu, Grenadiere uud erstes uud zweites Jnsanteriecorps) aus Zeitungsnachrichten ziemlich genan verfolgt nnd meint, es lasse sich aus den übereinstimmenden Mittheilungen, die sich in Betreff dieses Fragepunktes in verschie­denen Blättern seit etwa einem halben Jahre fanden, mit einem gewissen Grade von Sicherheit annehmen, daß die Garden nicht gegen die Verbündeten in der Krim, sondern gegen Oestreich dispvnirt wnrdcn.

In Betreff der Gerüchte über ungeheure russische Trupveuanhäufungen in Tan­nen kann man überhaupt nicht vorsichtig genug verfahren. Es ist eine alte Er­fahrung, daß die feindlichen Massen nirgend höher geschätzt werden wie im diessei­tigen Lager. Herr Layard ließ sich offenbar von derartigen, an Ort und Stelle eingesammelten Nachrichten irreführen, als er in der Weihnachtssession des Parla- ments von 200,000 Mann nnter Menschikoff redete. Rnßland hat bis dahin eine