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Brüsseler Bilder : II. Ein Abend im Chateau des Fleurs.
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Locken, um welche die bunten Bänder der Haubchen, die hier von vielen jun­gen Mädchen getragen werden, flattern, diese wilden Bewegungen und Ver­schlingungen sieht, dann glaubt man sich inmitten einer Schar moderner Ba­chanten und Bachantinnen versetzt, die in der wildesten Lebenslust den Zweck ihres Daseins suchen. Wenn aber der Tanz gar zu zweideutig und srivol wird, dann klopft einer der Stadtsergeanten, die in ihren dunkelblauen Uniformröcken und den kurzen, breiten Degen an der Seite, an der Galerie des Salons geräuschlos auf und abwandeln, den Tollsten oder-die Tollste denn die Tänzerinnen lassen sich in dieser Beziehung von ihren Tänzern nicht übertreffen- - höflich aus die Schulter und spricht:Mein Herr oder Mademoiselle mäßigen Sie sich." Mitunter wird dem freundlichen Wink gefolgt, noch häufiger geschieht es aber auch, daß sich der Uebermuth der Tanzenden, angefacht durch das Bravorufen der Zuschauer, die sich immer um die Paare versammeln, welche den Cancan am kühnsten tanzen, nur noch steigert und die Stadtsergeanten ernstlich einschreiten müssen. Dies xommt indessen nicht häufig vor, die Brüsseler Polizei ist die höflichste und gefälligste von der Welt und nimmt es in der Regel mit einem kühnen Pas nicht allzustreng. Es ist unterdessen sehr spät geworden, die Reihen der Tanzenden lichten sich allmälig, eine Menge einzelner Paare verlieren sich in den dunklen Gängen des Gartens, in welchen nur hier und da wir wissen nicht warum eine farbige Lampe ein mattes Licht verbreitet und eine wilde Höllengalopade, die das Orchester anstimmt, bildet den Schluß des Ver­gnügens. Mit dem letzten Klänge schrumpfen wie auf einen Zauberschlag die Gasflammen zusammen, so daß nur eine sehr matte schwache Dämmerung im Saale herrscht und alles in buntem Durcheinander, die jungen Leute ihre Grisette am Arm und das Grisettenlied:

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singend, tue Ausgänge sucht. An der Porte de Laeken stäubt der Menschen­haufe auseinander und zerstreut sich auf den Boulevards und den rechts und links ablenkenden Straßen, mit dem Bewußtsein, sich köstlich amüsirt zu haben.

Iteue Gedichte

Die Lieder des Mirza-Schaffy. Mit einem Prolog von Friedrich Boden- stedt. Dritte, nenvermehrte Auflage. Berlin, Decker.

Welt und Zeit. Aus dem Nachlaß eines russischen Diplomaten. Herausgegeben von Levin Schücking. Berlin, Schindler.

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