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würden den Staat durch die vier ersten Jahre nach der Februarrevolution kaum anders geführt haben, als General Cavaignac und der Präsident Ludwig Napoleon.
Auf Gruud dieser doppelten Inanspruchnahme Oestreichs durch eine ungeheure Aufgabe nach innen und eine nicht minder großartige nach außen, muß man seine politische Action auf dem einen Gebiet in diesem Augenblick nie anders als unter der billigen Rücksichtnahme der Verhältnisse auf dem andern zu würdigen versuchen. Es scheint dies eine Forderung der Gerechtigkeit zu sein, die man am mindesten grandiosen Bestrebungen gegenüber verleugnen darf. Ich bemerke dies, weil ich glaube, daß Oestreich in solcher Hinsicht neuerdings oft unrecht geschehen ist.
Ein Schritt, welcher hier letzthin wiederum die ganze alte Erbitterung gegen den Kaiserstaat wachgerufen hat, die mau in den Jahren der Beweguug und unmittelbar nach deren Unterdrückung gegen ihn hegte, ist die durch seinen Einfluß bewirkte Ausweisung der in türkischen Diensten stehenden ungarischen und italienischen Emigranten aus den Donaufürsteuthümeru uud den angrenzenden Districten Bulgariens. Djese Maßregel war für die Betheiligten hart, und der Pforte selbst war sie wenig genehm; auch gab dieselbe wol uur den besonders drängenden Umständen nach, als sie sich entschloß, sie auszuführen; aber vom Standpunkte der innern östreichischen Politik auS war sie ganz sicher consequent, und insofern logisch gerechtfertigt.
Mit dieser Ausweisung scheint nun aber Oestreich auch alles erlangt zu haben, was es billigerweise nach der bezeichneten Richtung hin von der Psorte verlangen konnte. Hoffen wir, daß es mit derselben Schärfe, mit welcher eS seither das was ihm unerläßlich war zu unterscheiden wußte, auch die Grenze erkennen werde, welche seine Forderungen nicht überschreiten dürfen, wenn anders sie nicht als Prätensionen betrachtet werden sollen, die ihren Ausfluß in der Ueberzeugung von der Bedrängnis) und Schwäche des Nachbars finden.
In diesen Tagen muß der Türkei und gleichzeitig den beiden Seemächten alles daran gelegen sein, ein gutes EinVerständniß mit Oestreich zu bewahren. Deshalb traf wol noch zu keiner Zeit die Politik des Wiener Cabinets bei England, Frankreich und der Pforte auf eine in so hohem Maße geneigte Stimmung. Dieselbe hat umgekehrt für den Kaiserstaat einen hohen Wcrll), indem auf ihre Dauer die Möglichkeit der Ausführung seiner orientalischen Pläne sich gründet, wie überhaupt seine internationale Position darin ihre neue Grundlage findet. Aber es wäre ein großer Irrthum, weitn der k. k. Hof annehmen wollte, diese günstige Stimmung wäre eine bedingungslose uud der Orient wie die Westmächte befänden sich in der Lage, Oestreich um fedeu Preis sich zum Freunde erhalten zu müssen.
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