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Die kurhessische Verfassungsfrage.
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nach Vorschrift des BundcS den Ständen zur Beistimmung vorlegen soll, durch Verordnung eigenmächtig ab, ja, er erläßt diese Verordnung noch während des Beisammenseins der Stände. Als endlich die zweite Kammer sich im November ermannt, als die Erklärungen von jeder der beiden Kammern in verschiedener Weise erfolgen, um die ständischen Rechte zu wahren, schließt er plötzlich die Ständeversammlung, ohne beiden Kammern nur die Zeit zu lassen, sich wenig­stens über die in ihren respectiven Erklärungen liegenden Differenzen zu ver­ständigen. Die beiden Kammern hatten aber nach der provisorischen Geschäfts­ordnung, welche auf Anordnung und unter, Beistimmung des Bundes erlassen ist, ein vollkommenes Recht, über ihre übriggebliebenen Differenzpunkte in einem Conferenzausschusse eine Einigung anzustreben. Indem sie hierauf ihren An­trag stellten, thaten sie nur, was ihnen der Bund vorgeschrieben, und was sich der Natur der Sache nach von selbst versteht. Nach der Schließung der Ständeversammlung wird sodann ein Landtagsabschied erlassen, als ob die Stände ihre Ausgabe erfüllt und alles berathen und beschlossen hätten, was ihnen von Bundeswegen vorgelegt war. Aber von allem war doch nichts er­ledigt; nicht Versassung, nicht Wahlgesetz, nicht Geschäftsordnung; letztere beide waren noch gar nicht zur Berathung gekommen; kein einziges jener provisori­schen Gesetze, welche angeblich auf Veranlassung von Buudescommissarien, unter Vorbehalt der Zustimmung der Stände, und wie es in dem Bericht der Commissarien an den Bund sogar heißt, der demnächst zusammentreten­den Stände, erschienen waren.

Mit diesem Gewaltschritte war aber der Minister noch immer nicht am Ende. In dem Landtagsabschiede will er schon mit der bloßen Vorlage der provisorischen Gesetze an die Stände die Giltigkeit derselben, auch ohne Bei­stimmung der letzteren, erlangt haben. Das Budget stellt er ohne weiteres, ohne es mit den Ständen zu vereinbaren,. durch Verordnung im Gesetzblatt fest. Durch Verordnung ändert er die Gemeindeordnung und entzieht einer großen Anzahl von Personen das ihnen nach dem Gesetze von zukom­mende Bürgerrecht; entzieht ihnen damit das ihnen vom Bunde zu- ertheilte active, beziehungsweise passive Wahlrecht zur Stände­versammlung.

Der Bundesbeschluß, durch welchen der kurhessischen Negierung die Vorlage der provisorischen Verfassung an die Stände, zu deren Erklärung auf­gegeben wurde, enthält zugleich die Auflagesie der in Gemäßheit dieser pro­visorischen Verfassung und des provisorischen Wahlgesetzes einzuberufenden Ständeversammlung vorzulegen." Der Bundesbeschluß sagt aber nicht, daß Hassenpflug mit irgendeiner, vielleicht nach zehnmaliger Auflösung gebil­deten Ständeversammlung die Sache etwa nach zwanzig Jahren erledigen, fondern daß er der auf Grund des unter Bundesautorität erlassenen Wahl-