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der Zeitschrift eine segensreiche und gedeihliche Wirksamkeit. Mit der Eröffnung des neuen Jahrgangs, der beiläufig die deutsche Druckschrift an Stelle der lateinischen setzt, spricht die Redaction die Absicht aus, neben der Kunst auch die Literatur zn behandeln, und diese Absicht ist zwar nicht in regelmäßig wiederkehrenden Nummern, aber doch in ziemlich häufige» Beiblättern auSgesührt. Die Redaction erklärt ihre Ansicht dahin, eine Zeitschrist müsse sich allmälig. organisch, naturwüchsig erweitern, und ein von vornherein vorgczeichnetcr streng festgehaltener Plan sei nicht anwendbar; indeß das kann doch nur bis zu einer gewissen Grenze gelten. Für Zeitschristen gemischten Inhalts wird es sich im Lanse der Zeit wol natürlich ergeben, daß mit der Zahl ihrer Mitarbeiter und Abonnenten auch der Gesichtskreis sich erweitert. Das Kunstblatt hat aber grade dadurch seine günstige Stellung erlangt, daß es ciuem lebhast empfundenen ganz bestimmten Bedürfnisse abHals. Einen Theil der Literatur hat es " ohnehin in seinen Kreis ziehen müssen, nämlich denjenigen, der auf die Kunst Bezug hat. Wie aber lyrische und epische Gedichte in diesen Zusammenhang passen, das verstehen wir nicht. Wenn man uns etwa sagen wollte, daß eine solche Zngabc wenigstens nicht schadet, wenn sie ^ nur den für die Kuust bestimmten Nanm nicht beeinträchtigt, so ist das doch nicht, so ohne Bedenken anzunchmcu, dcnu eine solche Beschäftigung stört die Unbefangenheit sowol der Mitarbeiter, als des Publicums. Es ist in diesen Litcraturblättern ein gewisser gleichmäßiger Ton nicht zn verkennen, vielleicht der Ton eines Freundeskreises, der sich um die artistischen Mitarbeiter gruppirt, auch eine gewisse Tendenz spricht sich aus, nämlich die Bekämpfung der modernen Exccntricitäten und die Empfehlung bescheidner unbcscmgncr Leistungen. Aber wenn man einmal ein Litcraturblatt unternimmt, so ist es ganz nothwendig, sich zu einer große» Universalität zn entschließen, wenn es nicht den Eindruck eines Cotcricblattes machen soll. Ein Litcraturblatt hat gar keinen Sinn nnd Zweck, wenn es uns nicht den leitenden Geist der gegenwärtigen Literatur wenigstens einigermaßen vcrsinnlicht. Was aber das Litcraturblatt bisher besprochen hat, mit Ausnahme zweier polemischer Artikel über Daumcr und Gottschall, gehört zu jeuer zeitlvscu Literatur, die in jedem beliebigen Jahrhundert vorkommen und allenfalls auch fehlen kann. Daß die Kritiker des Blattes an diesen einzelnen Leistungen ihre Freude haben, ist ihnen durchaus nicht zu verargen, aber sie setzen sich damit in eine ganz falsche Stellung zu ihrem Publicum uud namentlich zu den Schriftstellern, denn sie werden doch niemals der Frage begegnen können, warum wird nur gerade dieß besprocheu und nicht jenes? In den Knnstartikcln können die Herausgeber aus ein allgemeines uud homogenes Publicum rechnen; dieses Publicnm wird aber keineswegs mit demjenigen zusammenfallen, das ihren literarischcn Ansichten Beifall schenkt. Ihre Neigung scheint sich vorzugsweise aus denjenigen Theil der Poesie zn beziehen, den Gutzkow nicht ungeschickt Lovcly-Literatur (Unterhaltungen am häusliche» Heerd) getauft hat. — Es wäre Schade, wenn das Blatt durch diese uunvthigc Zugabe sich eine» Theil der allgemeinen Anerkennung verscherzte, die es mit so vielem Recht sich erworben hat. Wir glauben in dieser Warnung um so unbefangener zu sein, da wir wenigstens in vielen Fällen mit den Ansichten der Verfasser übereinstimmen. -—