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oder mindestens doch in der Nähe dieser Festung angekommen sein. Endlich wurden etwa 10,000 Mann französischer Truppen zur See von Gallipoli aus nach Varna entsendet. Dieser Convoy passirte am 1. Juni den Bosporus und hiernach zu urtheilen werden diese letztern Truppen spätestens vorgestern bei Galata Burnu (Varna) ans Land gestiegen sein.
Es befinden sich demnach in diesem Augenblick mindestens 40,000 Mann entweder schon bei Varna versammelt, oder sind im Begriff, ehestens dort einzutreffen. Auch kennt man die nächsten Arrangements und Dispositionen, die in Betreff dieser Streitmacht vom französisch-englischen Armeecommcmdo getroffen worden sind, ja ich war im Stande, Ihnen schon in meinem letzten Briefe eine Skizze derselben zu geben. Die Franzosen, so hat man in Erfahrung gebracht, werden den rechten Flügel der Armee formiren, die auf der Linie von Varna über Prawadi nach Schumla Stellung nimmt. Desgleichen besetzen sie die erstgenannte Festung, zu deren Commandanten General Bosquet ernannt worden ist. Die englischen Truppen dagegen formiren das Centrum. Sie werden um deswillen ein, wie ich vermuthe, befestigtes Lager bei der Ortschaft Dewno am westlichen Ende des gleichnamigen Sees beziehen, und den äußerst wichtigen Paßpunkt Prawadi besetzen. Die Fronte dieser Aufstellung wendet sich gegen Norden und Omer Pascha wird von Schumla aus ihr die Hand reichen.
Es ist wahr, daß zwischen dem Lager des türkischen Armeegroö und dem linken Flügelpunkt der Aufstellung vorerst ein weiter Raum frei bleiben wird. Derselbe scheint einem Cavaleriecorps vorbehalten zu sein, welches, aus englischen und französischen, vielleicht auch aus türkischen Regimentern formirt, allerdings hier ein geeignetes Terrain zur Wirksamkeit vorfindet, denn eben hier tritt die große bulgarische Ebene noch einmal nach kurzer Unterbrechung in freier Gestaltung auf und bis dicht an den Fuß des Balkans heran. Wie Ihre Leser sich aus der Geschichte der napoleonischen Kriege erinnern werden, schreibt sich von diesen der Gebrauch selbstständiger, mjt reitender Artillerie versehener Reitermassen her. Die Verbündeten haben aber ein noch weit stärkeres Motiv als die bloße Tradition dafür, wenn sie die Formation eines Cavaleriecorps als unerläßlich erachten. Es ist dies das Erscheinen der russischen Reservecavalerie in Verbindung mit dem Dragoncrcorps auf dem Kriegsschauplatze. Diesen Massen mußte nothwendig etwas wenn auch nur annähernd Gleichartiges entgegengestellt werden, wenn man nicht dem Feinde ausschließlich das Vorrecht rascher Bewegungen und jener Coups überlassen wollte, die freilich mehr die Tempos des „kleinen" wie die des „großen Krieges" zu bedingen Pflegen, aber nicht selten auch aus diesen den entschiedensten Einfluß ausüben.
Es wirft sich zunächst die Frage auf, was die verbündeten Armeen durch