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Einfluß ihrer Leistungen auf Künstler und Publicum verfolgt wird, ist die schönste Beschämung für alleS Geklatsch vom Künstlerneide. Nirgends tritt in einer Weise, die man tadeln könnte, der Einfluß persönlicher Verhältnisse aus die Kritik hervor, und wo ein solcher überhaupt stattgesunden hat, ist es Schumann selbst, der darauf hinweist. Dieselbe Unbefangenheit, die nur die Sache im Auge hat, zeigt sich auch im Tadel, den Schumann auch mit strengem Ernst auszusprechen sich nicht scheut, mit vollem Recht am meisten da, wo er Talent wahrzunehmen glaubt, das richtiger Leitung bedürfe. Gegen das absolut Verfehlte, das flach Triviale und handwerksmäßig Gemeine wendet er lieber Humor und Spott, meist treffend und mitunter mit überraschender Wirkung; zum Zorn erregt wird er nur, wo die Sittlichkeit der Kunst verletzt wird, wie von Meyerbeer. Als einen charakteristischen Zug kann man noch hervorheben, daß Schumann mit einer Ausnahme, die dabei nicht in Betracht kommt,' über seine Compositionen sich nicht ausgesprochen und es mit richtiger "Einsicht — auch wol aus echtem Künstlerstolz — verschmäht hat, das Publicum von einer andern Seite her für seine musikalischen Leistungen zu interessiren, als durch welche sie auf dasselbe wirken sollten.
Wenn demnach die sittlichen Grundlagen der Kritik, die allgemeinen Ansichten über das Wesen der Kunst und die durch die Zeit bedingten Bedürfnisse ihrer Entwicklung, wie sie bei Schumann zur Geltung kommen, der allgemeinsten Achtung und Zustimmung gewiß sind, so laßt sich damit sehr wohl vereinigen, daß gewisse Seiten seiner Individualität mitunter die Objectivität seines Urtheils trüben. Sehr bestimmt tritt, mich in der Einkleidung und Form, ein Einfluß Jean Pauls, wol auch E. T. A. Hoffmanns, hervor,' der nicht immer günstig gewirkt und etwas Phantastisches hineingebracht hat, ein wie absichtliches Verschmähen einer Entwicklung und Durchbildung der Gedanken und Vorstellungen zu .vollkommner Klarheit. Dahin gehört die seltsame Fiction der Davidsbündler, die Zerlegung deS referirenden Kritikers in verschiedenen Personen Eusebius, Florestan, Raro :c., welche die verschiedenen Phasen und Seilen des Urtheils in absichtlich einseitiger Uebertreibung darstellen — was denn doch nur ein Nothbehelf ist, um die letzte schließliche Verarbeitung jener verschiedenen Momente zu einem Totalurtheil >zu ersparen, — überhaupt die Neigung einen humoristischen Einfall auszuspinnen, anstatt der Sache unmittelbar auf den Leib zu gehen.
Allen, welche den Komponisten Schumann kennen und lieben, wird es eine interessante Aufgabe sein, ihn im Zusammenhange seiner > schriftstellerischen Leistungen sich zu vergegenwärtigen. Allerdings gehören diese, wesentlich zum Verständniß seiner gesammK'N künstlerischen Natur und geben auch über den Componisten überraschende Aufschlüsse. Nicht nur sind Ansichten und Maximen, welche ihn bei seinen Compositionen geleitet und bestimmt, Zu-