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Aus Konstantinopel.
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östlichen Erpeditionsheeres sich, alles in allem, aus nicht höher als 60,000 Mann belaufen wird, und daß man nicht sowol an eine Waffenentscheidung in der Bulgarei, also an eine Landung in Varna und damit im Zusammenhange stehende Operation von diesem festen und bewunderungswürdig gelegenen Platze aus gegen die linke Flanke des Feindes, als vielmehr an ein Abwarten der russischen.Armee unter den Mauern von Adrianopel denkt.

Stärker noch für diese den Operationen auserlegte Beschränkung redet die seither in England befolgte innere Politik. Sie ist im wesentlichen durch die Finanzlage bedingt. Seit dem Sturze Napoleons war es die Verminderung der unermeßlichen Staatsschuld, welche sich alle Cabinete in Großbritannien zum Ziel gesetzt hatten. Was im letztverflossencn Decennium Robert Pcel in der Meinung seines Landes -zum ersten Staatsmann erhoben, das sind im Grunde genommen die Erfolge, welche er auf dieser ihm vvrgezeichneten Bahn gehabt, und die größer waren wie diejenigen aller seiner Vorgänger. Kein Ministerium wird es hiernach noch wagen, Anleihen im Belaufe jener großen Erhebungen während der Revolutions- und napoleonischen Kaiserkriege aufzunehmen. Die Beschränkung der' Geldmittel aber bedingt gleichzeitig diejenige der Krieg­führung.

Wenn Lord Aberdeen in den Tagen, wo die Kriegserklärung der, beiden Westmächte gegen Nußland publicirt wurde, die Aeußerung machte, England' und Frankreich führten nur Krieg, um auf diese Weise zu einem Dauer ver­heißenden Frieden zu gelangen, so sprach er damit eine ganz richtige und all­gemein gültige Marime aus. Um des Krieges selbst willen hat noch kein wohlgeleiteter Staat jemals Feindseligkeiten gegen einen andern begonnen. Aber nicht jeder Friedenszustand ist darum dem Kriegszustand, vorzuziehen. Er ist es insbesondere dann nicht, wenn seine Fortdauer Uebel zu steigern und Ge­fahren 'heraufzubeschwören droht, die durch den Krieg möglicherweise abge­wendet oder entfernt werden können. In allen Fällen solcher Art ist es die, weiseste Entschließung einer Regierung, ohne Verzug zu den Waffen zu greifen.

Der Friede, welcher zwischen den europäischen Großmächten ununterbrochen, fast vierzig Jahre gewährt hat, ist allerdings, das kann nicht geleugnet wer­den, die erste Grundbedingung sür den unermeßlichen Fortschritt geworden, welchen beinahe alle Länder unsres Welttheils während dieser Zeit gemacht haben. Die Bevölkerung Europas nahm innerhalb der in Rede stehenden Epoche um ein volles Drittheil, sein Wohlstand mindestens um das Doppelte zu. Desungeachtet kann nicht weggeleugnet werden, daß die politische Basis, auf welcher das Ganze ruhete, eine mit nicht eben großem Geschick eingerichtete war; daß, um es bestimmter auszudrücken, der Wiener Congreß seine Arrangements weit weniger im allgemeinen europäischen Interesse als in dem