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Wochenbericht.
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Verwicklung und ans bestimmte Eventualitäten abzielender, sondern ein ganz allge­mein gehaltener Vertrag, dessen vage Bestimmungen weniger ein Abschluß der bestehenden Verhandlungen, als eine Provocatiou zu nennen waren.

Das Motiv dieser Taktik liegt auf der Hand. Für bestimmte, speciell bczeichuetc Fälle konutcu sofort bindende Verabredungen von praktischer Erheblichkeit getrbffen werdeu; denn hier kennt man den Zweck der Operationen, zu dcrcu Unterstützung man sich verpflichtet, und übersieht den Umfang der auf sie zu verwendenden Mittel. Aber bei einem allgemeinen Schutz- und Trutzbüudniß, von dem man nicht weiß, wann uud wie und gegen wen es znr Ausführung gelangen kann, enthält jede übernommene Verpflichtung durch die Uugewißhcit über ihre Richtung und Trag­weite ein unendlich vermehrtes Gewicht, uud es wird unvermeidlich, ihr Reserven und Klauseln anzuhängen, die wiederum iu sehr dehnbaren Ausdrücken abgefaßt sein müssen, weil sie für zahllose Eventualitäten.geeignet sein sollen.

Es war demnach für die Krcuzzcitungspartci so gut wie ein Sieg, daß sich die Verhandlungen über gemeinsame Operationen der deutschen Großmächte gegen Rußland dnrch die Anwesenheit des General v. Gcrlach in Verhandlungen über ein allgemeines Schutzbündnis) der beiden Staaten verflüchtigten; daß statt der Er­öffnung von Berathungen über einen gemeinsamen Kamps gegen den Feind Euro­pas es noch in Frage gestellt werden mußte, ob und inwieweit die gegenseitige Garantie des Besitzstandes auch ans den Fall eines Angriffskriegs ausgedehnt werden solle, uud daß diese Frage mit cbcuso großer Discrction erörtert werden mußte, als wcnu Baron v. Budbcrg selbst zugegen gewesen wäre. ' Und als man sich dahin geeinigt hatte, die Garantie nicht ans die Fälle eines Verthcidigungs- krieges zu beschranken, lag für das zur Zeit weniger gefährdete Preußen die Pflicht nahe, seine Krast nicht ohne weiteres sür alle östreichischen Angriffskriege zu Ge­bot zu stellen, soudcru die lctzteru von einer vorherigen Verständigung der beiden contrahircndcn Parteien abhängig zu macheu.

So hatten unsere Nusscnfreundc die Verhandlungen zu einem Punkte geführt, iu dem ihre Wünsche mit dcu Forderungen der preußischen Ehre und Selbststän- digkeit zusammenfielen. Es mußte vom preußischen Standpunkte aus als ganz un­statthaft erscheinen, sich im voraus znr Unterstützung, aller östreichischen Angriffs­kriege zu verpflichte»; es mußte als eine billige Bedingung erscheinen, daß die Pflicht zur Hilfeleistung nnr aus solche Angriffskriege beschränkt würde, über deren Recht- und Zweckmäßigkeit ein Einverständnis; beider.Mächte erzielt werden konnte. Und auf der andern Seite: wurde diese Bedingung in den Vertrag aufgenommen, so behielt es die Kreuzzeitnngspartci noch in ihrer Hand, nicht nur ein Anftrcteu Prcußcus gcgeu Rußland zu hindern, sondern anch das Vorgehen Oestreichs dnrch ncnc Verhandlungen zu verzögern und zu lahmen. Wenn die vcrhängnißvolle Clanscl geeignet war, von Prcußcu bei einem ganz allgemein gehaltenen Vertrage als c'.vmUuo «mv lzn» no» betrachtet zu werden, so mußte sie doch auch Oestreich als völlig unannehmbar betrachten, wenn der Kaiscrstaat nicht den verderblichen Einfluß der Cvterie, welche Preußens Politik in eine unnatürliche Richtung hin­treibt, leichtsinnig auch' auf die Politik Oestreichs ausdehnen wollte. Begab sich Oestreich in diese Schlinge, so war seine Thätigkeit gcbui.idcn, und die russische Partei kouute abwarte», ob es sich der Fesseln entledigen würde; wurde die Be-