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Der Dialog des Dotto und Jgnorante in römischen Kirchen.
Unter den mannigfachen sinnreichen Mitteln, welche die katholische Kirche als gute Mutter anwendet, ihren Kindern ihre Lehren auf faßliche und eindringliche Weise beizubringen, ist eins der merkwürdigsten der Dialog des Dotto nnd Igno- rante. So nennt man freie Gespräche, die von Zeit zu Zeit in römischen Kirchen zur Belehrung der Gläubigen von zwei Geistlichen gehalten werden. Der eine stellt das in irdischen Neigungen uud Ansichten befangene Weltkind vor, und wird von dem andern, der wie sein Seelsorger anftritt, ermahnt und zurechtgewiesen. Jener, der Jgnorante, spricht über die kirchlichen Dinge wie ein Mann aus den untern Ständen, mit hausbackenein Hnnior, ja mit einem ziemlich starken Anfing von Bnssonerie, selbst im Dialekt nähert er sich der Sprache der niedern Classen; und seine Reden bringen durch Inhalt, Fassung und Vortrag meistens große Heiterkeit bei den Hörern hervor. Er ist nicht in Opposition gegen die Kirche, aber er hängt an weltlichen Interessen, er mochte sich gern so billig abfinden wie möglich. Der Dotto belehrt ihn mit großer Gelassenheit, läßt sich sogar wol herab, auf seine Scherze einzugchen, und überzeugt ihn natürlich zuletzt von der Heilsamkeit sein-er Vorschriften. Die Zuhörer folgen mit der gespanntesten Aufmerksamkeit, sie hören ihre eignen Ansichten vortragen nnd zwar in derselben Weise, wie sie sie selbst aussprrchen würden: die Argnmente, die dagegen vorgebracht werden, sind völlig ans ihre Denkweise, auf ihren Bildungsgrad berechnet.
Der erste Dialog, den ich hörte, fand am zweiten Sonntag des Karneval, in St. Maria della eonsolazione, einer kleinen, abgelegenen Kirche zwischen Palatin und Tiber statt. Das Auditorium gehörte fast ganz den untern und untersten Ständen an, zu Dreivierteln bestand es aus Frauen. Die beiden Geistlichen bestiegen ein Gerüst, worauf ein Crucifix errichtet war, uud »ahmen nach einem auf den Knien verrichteten Gebet auf zwei hölzernen Fcldstühleu Platz. Der Jg- «orante war ein Sechziger mit einem behaglichen, heitern, etwas gerötheten Gesicht Grmzboten. II, <86i, 11