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zogen, und zwar so artig, als man nur etwas zu sehen wünschte. Besonders wunderte ich mich über die breiten und goldgestickten Ranken und Laubwerke. Ich ging näher und fand einen hübschen Betrug. Alles, was ich für Gold gehalten hatte, war breit gedrücktes Stroh, uach schonen Zeichnungen aus Papier geklebt, derGrund mit lebhaften Farben angestrichen." Man kann das nicht besser sagen. Alles, was man für Gold hält, ist breit gedrücktes Stroh ans Pcipier geklebt, der Grnnd mit lebhaften Farben angestrichen.
Die Ideenarmut!) glänzender, mit schöneren Arabesken zn bedecken, mit prachtvollerem Lärm ist wol niemand mehr gelungen als Mcyerbcer. Es ist eine fortwährende Jagd nach neuen Effecten, daß einem die Nerven weh thun. Bald hören wir den Gesang mit einem einfachen Fagotte begleitet, bald bittet er sich Begleitung von Flöte und Bässe» aus. Hier fingt die meuschliche Stimme an der Stelle eines Instruments im Orchester, dort wird wieder ein Instrument statt der Sängerin laut. Es ist daö bunteste Dnrcheinanderwerfen der musikalischen Bedingungen eines Kuustwerkes und alles geht in neuen Orchcstcrcombinationen und unerwarteteren Modulationen auf. Er wirkt nur überall auf die Nerven und das höchste, was er leistet, ist, daß er den Geist in Anspruch uimmt — das Herz, das Gemüth, die rein mnsikalische Empfindung wird nicht weiter berührt, Wo Meyerbeer die Melodie massenhaft verarbeitet wie im Chor oder im Orchester, da wird unser Ohr durch das Kunstgemäße (uicht Künstlerische), mit der dieser Compositeur immer zu Werke geht, noch am meisten befriedigt. Wo es sich um rein realistische gemeine Charakteristruug einer Situation oder eines Seelenzustandes handelt, da gelingt es ihm auch noch gnt genug — aber es bleibt eben materiell-charakteristisch, ohne Gemüthösprache zu seiu. Wir verlangen von Meyerbeer keine Gretrysche Einfachheit — sein Element ist eben das Massenhafte, die stark aufgetragenen Farben, aber auch in dieser Richtnng läßt sich Musikalisches leiste», dort, wo das Kunstwerk aus schöpferischer Eingebung fließt. Weber wußte, wenn wir nicht irren, auch mit dem Orchester recht gut umzuspringen, aber wie einfach erscheinen die kühnsten Combinationen, wie untergeordnet bleibt der äußerliche Zweck dem innern Gehalte. Wie wußte er doch noch den Grunvton, die Grundfarbe semes Gemäldes vorherrschend zu halten — er beherrschte das Orchester, wie er unsere Gefühle zu beherrschen verstand. Die Jnstrumentalesfccte reißen bei ihm nicht ans wie wilde Rosse. Meyerbeer hält sich blos an das Aeußerliche und wenn dann der Sturm auf unser Nervensystem in geometrischer Progression stärker wird, dann glaubt er den Haupt- anfordernngen der dramatischen Musik, die allerdings gesteigerte Spannung und stets volle Befriedigung derselben erheischt, Genüge geleistet zu haben. Allein Meyerbeers Anschwellen befriedigt unsere Gefühle nicht, es schlägt sie todt, wir werden stumpf und es ist uns gleich, was er dann immer über uns ergehen läßt. Wenn er ja zuweilen einen ursprünglichen Gedanken, eine naive Inspiration hat,
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