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tcre Donau, an den Po, an den Rhein oder zum Schutz unsrer offnen Küsten berufen werden, um gegen Staaten zu kämpfen, die als Vorkämpfer für die Interessen Europas auch für unsre Interessen in die Schranken getreten sind. Statt mit offnen, prüfenden und wählenden Augeu den Weg des Rechts, der Macht und der Ehre einzuschlagen, begeben wir uns in eine Finsterniß, in der wir nur wissen, daß wir uns werden schlagen müssen, doch ohne voraus zu ahnen, für wen und gegen wen wir uns schlagen werden; statt uns selbst männlich zu entscheiden, fordern wir Oestreich auf, für uns zu wählen, über uns zu disponiren; statt selbst nach dem Gebot des Rechts und unsrer Interessen Feind und Bundesgenossen uns zu bezeichnen, überlassen wir es Oestreich und dem Zufall, wie sie die Parteien zusammen würfeln werden.
Und zur Unterstützung dieser Politik sollen die Kammern eine Anleihe von 30 Millionen und vorläufig für die nächsten anderthalb Jahre eine Steucrerhöhung von fast S Millionen Thaler bewilligen. Nur die russische Partei, welche die Aussicht hat, das Geld in ihrem Sinne verwenden zu können, ist dazu bereit.
Znr Prüfung dieses Ansinnens hat die Kammer eine Commission gewählt, deren Zusammensetzung bei der großen Wichtigkeit des Gegenstandes Bcachtnng verdient. Sie besteht aus ö Mitgliedern der äußersten Rechten (Graf Schliessen, Graf Dvhna, Gras Blankenburg, Graf Stollberg-Wernigcrode und v. Hillcr), einem Abgeordneten, der keiner Fractiou angehört, aber die Interpellation des.Grafen Schwerin unterzeichnet hat, (Graf Ziethen), zwei Mitgliedern der Fraction Hohenlohc (Witte uud Uphagcu), einem, Polen (Graf Cießkowski), vier Mitgliedern der katholischen Fraction (beide Reichenspcrgcr, Thissen und v. Mallinkrodt), zwei Mitgliedern der Fraction Bethmann-Hollweg (Graf v. d. Goltz und v. Grüner), uud sechs Mitgliedern der Linken (Wcntzcl, Brämer, v. Vincke, v. Auerswald, Kühne und v.. Bockum-Dolffs). Von diesen 21 Abgeordneten dürften nur die 3 zuerst genannten Herren geneigt sein, zur Unterstützung einer die russischen Pläne fördernden Politik die Mittel zu gewähren. Graf Ziethen ist kein Verehrer der Politik des Herrn v. Mautcuffel und wir dürfen erwarten,^ daß dieses Mal mit der Tapferkeit seiner Gesinnung und seiner Ausdrucksweise auch die seiner Abstimmung Hand in Hand gehen wird. Die Fraction Hohenlohe sühlt das Bedenkliche einer Crcdit- bewilligung für eine so unsichre Politik; und die beiden aus ihrer Mitte hervorgegangcneu Commissionsmitglieder haben als Vertreter der beiden bcdcntcndsteu Handelsplätze (Stettins und Dauzigs) die ganz besondere Verpflichtung, nicht aus GuNnüthigkcit oder leichtfertigem Vertrauen auf positive Bürgschaften zw verzichten, wenn sie nicht wider ihren Willen eine Politik fördern wollen, die uus in Conflicte mit dem Westen zu führen droht und deren erste Folge eine Vernichtung unsres Handels sein würde. Die katholischen Mitglieder werden zwar mit der unbedingten Zusicherung des Ministeriums, daß Oestreich unterstützt werden solle, überaus zusriedcn sein; aber sie sind unzweifelhaft einem Kriege gegen den Westen ebenso entschieden abgeneigt uud wir hoffen, daß sie den Weg, der zur Erfüllung beider Wünsche führt, klar erkennen uud mit Entschlossenheit wandeln werden: daß sie nämlich durch entschiedene Befürwortung eines Anschlusses au die Westmächte auch dem östreichischen Kaiscrstaate das Beharren bei der großen Allianz erleichtern werden. Die Ansichten der Linken und der Fraction Beth- mann-Hollweg über Herrn von Mantcuffels Politik sind hinlänglich bekannt; aber die Stellung des Grafen Cießkowski ist eigenthümlich uud gibt zu ernste» Erwägungen über
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