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Wochenbericht.
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genommen nur wenige Familie» ans dem Lande der Bojaren der letzteren anhängen Wenn man derartige Verhältnisse in Erwägung zieht, und bedenkt, daß die vier oder fünf Millionen Bulgaren, die den Kern der Bevölkerung des illyrischen Dreiecks aus­machen, dnrch und durch autirussisch gesinnt sind, daß überhaupt nur unter den Griechen sich Enthusiasmus für die Sache des Zaren kundgibt, so mag man billigcrwcise die Frage auswerfen, mit welchen Mitteln Nußland, selbst wenn der Sieg ihm zufallen möchte, diese Länder für spätere Znkuust iu Gehorsam zu halte» gedenkt. Man kann gewiß sein, daß, wenn Kaiser Nikolaus an Oestreich einen Bcuteautheil abzutreten ge­sonnen sein sollte, dieses nur in der Absicht geschehe^ würde, eine andere Großmacht bei der Austcchtcrhaltuug der Nuhc iu den gewonnenen Provinzen zu interessircn. Es wäre dies dieselbe Politik, die bei der Theilung Polens die maßgebende gewesen ist.

2. Konstantin opel, 2. Febr. Am letztvcrgangcncn Montag war ich nicht mehr im Stande, das gegen Mittag erschienene und, wie gcwöbnlich, vom Tage zuvor datirte Journal dc Constantinople für meinen Bericht zu benutzen. Inzwischen waren, bevor ich meinen Brief siegelte, hier wichtige Dinge vorgefallen Der Chef der Kriegspartei im Ministerium, Mehemed Ali Pascha, derselbe Mann, der vom October 1832 bis zum Mai 1833 dem türkischen Cabinet als Großvezicr (Sader-Asam) vorstand und seitdem den wichtigen Posten des Kriegsministers (Scriasker) innehatte, bcfludct sich seit dem 30. vorigen Monats Vormittags nickt mehr im Amt. An seiner Stelle ist Nisa Pascha (seither Kapndan) zum Kriegsminister ernannt worden und im Zu­sammenhange damit der Mnschir (Fcldmarschall) Mehemed Pascha, früherer osmanischer Botschafter in London und darnach Obercommandant des Armeccorps von Syrien (Ordu von Arabistan) während des Druscnkriegcs von Adnonopel, wo er seit einem Jahre als Gouverneur suugirte, hierher berufen worden, um das Secdcpartemcut zu übernehmen.

Man kann keine Zweifel darüber hegen, als was man diesen Ministerwechsel, der freilich nur ein partieller, aber darnm ein äußerst wichtiger ist, weil er d cu Mann be­seitigt hat, der seither mehr wie sciuc gcsammtcn übrigen College» die Lage dominirte nnd 'im eigenen Interesse leitete, zu deuten hat; daß dieser Schlag erfolgen würde, mnßte jeder erwarten, der im Stande war, mit den Ereignissen des 21. und 22. Dec. v. I. Reflexionen zu verbinden; aber man hatte ihn nicht so bald vermuthet. Wie Ihre Leser aus meinen früheren Darstellungen hiesiger Persvnalvcrhältnissc sich erinnern werden, ist Mehemed Ali Pascha, der gestürzte Scriasker, ein Schwager Sultan Abd-ül-Medschids. Die beiden anderen Schwäger sind Fethi Achmed Pascha, der langjährige Groß­meister der Artillerie uud Generalintendant der Festungen, und Halil Pascha. Letzterer gilt für einen Wüstling, ist, wenn ich mich recht entsinne, in England erzogen, eine Specialität für Seewesen uud darum früher als Kapudan verwendet. Seit einer Reihe von Jahren befindet er sich nicht mehr im Amt und lebt meistens iu Smyrna, wo er i" der Umgegend eine zahlreiche Menge von Tschistliks (Landgüter) sein eigen nennt. So oft ein Ministerialwcchsel eintritt, ist er derjenige, welcher für den Posten des Seeministers als Candidat genannt wird, aber ebenso oft noch ist die allgcmeiue Erwartnng getäuscht worden. Man kann darnach kaum mehr darüber iu Zweifel sein, daß gewichtige und uuausgleichbare Differenzen zwischen dieser hochgestellten Persönlich­keit und dem osmanischen Sclb st herrsch er bestehen, die ihren Eintritt in jedwedes C abiuet,

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