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Wochenbericht.
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Ehre und Gcld. Ein Künstler, der seine Freunde und seine Kunst (!) verräth, weil er reich geworden, ist das Thema, welches dieses neue Drama behandelt. Warum die Herren Verfasser dieses rein französische Stück grade in Deutschland spielen lassen, ist uns nicht erklärlich. Unwahrscheinlich bleibt es überall, sogar in Frankreich, daß ein ehrgeiziger, ein begabter Künstler ans Liebe zum Gelde nicht nur alles, was er liebt, verläßt, sondern auch seine Kunstwerke selbst zerstört. Vor gänzlichem Falle haben dieses Stück blos Einzel­heiten gerettet. Il ^ -> t><- jolivs eliosks, sagt einer dem andern, man sieht es an und spricht nicht weiter davon. Es ist gradezu unbegreiflich, wie sich die jetzigen Drama­tiker dazu verstehen können, so ganz auf jeden Einfluß, auf jede moralische Wirkung zu verzichten. Ein neues Lustspiel von Gozlan, Lvuise de Nantcuil, das vorgestern zur Aufführung kommen sollte, konnte nicht gegeben werden, weil sich Madame D. . einige Minuten vor dem Beginne des Stückes geweigert zu spielen. Sie blieb trotz der Aufforderung des herbeigeholten Polizeicvmmissars bei ihrer Weigerung, und wie man sich hier erzählt, weil der Director des Vaudcvillc es überflüssig findet, 5ine Dame zu bezahlen, die so viele andere Ressourcen hat, Gcld zu verdienen. Mit der Musik ficht es auch nicht besser aus. Die Oper ist verschuldet uud kommt zu keiner tüchtigen Leitung und folglich auch nicht zu guten Leistungen. Die komische Oper studirt noch immer an der Oper Meyerbeers. ' Dieser läßt indessen seinen Fackelmarsch ausführen. Wenn er die Absicht gehabt, durch einen Vergleich die kommende Oper zu heben, so hat er vollstän­dig erreicht, was er gewollt. Das ist trivial, wie nur Meyerbeer je etwas gemacht. Es sind aber lcichtzubehaltcnde Melodien und das genügt bei den Franzosen in der Regel, um Beifall zu erringen.

Die Conscrvatorienconccrte halten an ihren alten Programmen und Herr Girard an seiner geistlosen Leitung fest. Die Abonnenten sind gesichert und das genügt dem Herrn. Der Cäcilienvcrein, dessen Director Herr Leghers ist, legt guten Willen an den Tag. Wir haben jüngst mehre neue Compositioncn, eine gelungene Ouvertüre von Gouvy, cine Symphonie von St. Saöns, einem Anfänger, die manches LobcnSwerthe enthält, einen fchlechrcn^Chor von Mrardj und die Flucht nach Aegypten von Bcrlioz. Und bei dieser Gelegenheit sci mir gestattet zu erwähnen, daß der vortreffliche Artikel über Berlioz in Ihren Blättern in deutschen Kreisen hier nicht geringes Aufsehen er­regt, selbst bei solchen, welche des Verfassers Meinung nicht odcr doch nicht ganz thei­len. Daß der strenge Kritiker das Unsichtbare des Schlußchors in der Flucht nach Aegypten so arg mitgenommen, nimmt bei einer deutschen Besprechung nicht Wun­der. Uns hier fallen leider dabei Kunstgriffe gar nicht mehr aus. Der Artikel er­wähnt am Schlüsse einer angeblichen Frage Stephan Hellers, die dieser vor Jahren an Berlioz gerichtet haben soll. Das war eine bloße Licenz von Hector Berlioz, der sei­nen Brief damals an Heller richtete, wie Schriftsteller oft an bekannte Persönlichkeiten schreiben, um ihnen einen Beweis ihrer Achtung zu geben. Jedermann, der Heller persönlich ^ kennt, weiß, daß dieser Anbeter der deutschen Musik, daß dieser Kunstjünger keine so unmusikalische Frage thun könne. Wir wollen Hellers Namen nicht erwähnt haben, ohne im Vorbeigehen seiner reizendeilBlumen, Frucht- und Dornenstücke" zu geden­ken. Diese kleinen Composttione» sind harmonisch ebenso meisterhaft durchgeführt, als musikalisch gedacht und empfunden. Stephan Hellers Werken und namentlich seinen neuesten sieht man es an, daß sie in ihm fertig sind, noch ehe er sich ans Klavier