Beitrag 
Die Predigten des Cardinals Wisemann in Rom.
Seite
141
Einzelbild herunterladen
 

141

nisse wurden nun die Heiligen und Märtyrer mit den Söhnen eines Hauses verglichen, die in ferne Länder gezogen, dort Ruhm und Ansehen erworben hät­ten, deren Andenken mit liebevoller Sorgsalt von den Angehörigen bis aufs kleinste gehegt, deren Geburtstage' auch in ihrer Abwesenheit mit Stolz und Liebe gefeiert würden. So verlange die Kirche, die gemeinsame Mutter, von all ihren Kindern, daß sie das Gedächtniß vou Männern wie Viuceuz de Paula nnd Franz von Assist n. a. hochhalten sollten. Doch steigerte er das Interesse die­ses Gleichnisses für seiue Zuhörer wenigstens dadurch, daß er es direct auf eug- lische Verhältnisse bezog. Den einen jener Söhne ließ er nach Westen gehen und dort durch Industrie und Arbeitsamkeit reich und angesehen werden, den andern im Osten dnrch Tapferkeit Kriegsruhm erlangen: wobei deuu die Anwe­senden an ihre Verwandten in Amerika nud Ostindien denke» konnten. Dann ging er wieder auf die heilige Jungfrau über, uud führte aus, daß die höhere Stellung, die der Katholicismus ihr im Vergleich zu ander» Kirchen anwiese, aus einer erhabenern und reinern Vorstelluug von der Gottheit entspringe, die von ihr habe gebore» sein wollen. Z»m Schluß wnrde die heilige Jungfrau den dn'lsUair motdvrs als Vorbild bei der Erziehung ihrer Töchter empfohlen. Man steht an solchen Beispielen, wieviel menschlicher die Vorstellung von der Persönlichkeit der göttlichen Wesen bei den Katholiken unbeschadet aller Anbetung ist, und wieviel näher das Verhältniß der Gläubigen zu thuen.

Die dritte Predigt begann mit einem Preise der englischen Nationalkraft, insofern sie sich in weltlichen Interessen bethätigt, und der herrlichen Erfolge, die in allem, was zum Nutzen 'des Landes gereicht, durch das eiumüthige Zusammen- handcln des ganze» Volks errungen werden. Leider sei diese Einigkeit i» geist­lichen Dingen nicht vorhanden. Selbst in dieser Versammlung befinden sich solche, die wie ich der römischen Kirche angehören, und Gegner derselben. In der Nation kann man die consessivuellen Formen durch alle Grade und Abstufungen verfolgen, von der Richtung, die starke Achnlichkeiten (dioaü rs8<zmb1aneiZ8) mit, dem Katholicismus hat, bis zu den nndentlichsten Schatten von Glauben. Diese Spaltung ist ein gefahrdrohendes Symptom; aber wie ein Architekt dem Riß in der Mauer abhelfen kann, wenn er seiner Ursache bis auf den Grund nachgeht, so mögen wir nicht verzweifeln, »ach richtiger Erkenntniß der Ursachen Mittel gegen das Uebeln zu finde». Zum Behuf der Vereinigung müsse man von einen: Princip ausgehe», das allen Parteien gemeinsam ist, wie von einem neutralen Boden; und zwar handle es sich darum, festzustellen, was Christi Wunsch in Be­zug ans die Kirche gewesen sei. Daß dies die Einheit war, wurde nun sehr breit auseinandergesetzt, der Zorn des sanften Gottessohns gegen Pharisäer nnd Schrift- gelehrte geschildert, seine Gleichnisse von Sämann, Hirten und Weinstock in Be­zug hierauf erklärt. Und was bedeutet es, frng er dann mit erhöhter Feierlich­keit in Ton und Ausdruck, wenn er, der selbst Gott war, sich vor Gott in den