133
nur ein ebenso äußerlicher Effect durch den' Contrast. Nach der lebhaften ge- " räuschvollen Aufregung, mit der Lohengrin empfangen wird, gibt es für ihn keine bessere 8orM-r, als einen ganz einfachen Gesang ohne Begleitung. Allein damit ist es ein eigenes Ding; haben, solche Melodien ohne Begleitung nicht wirklich die Frische und Kraft eines unwillkürlich aus freier Brust quellenden Gesanges, so verstimmt die beabsichtigte Einfachheit um so mehr. Die prätentiös aus wenige Töne beschränkte, in ihren Wendungen einförmige Melodie LohengrinS hat etwas entschieden Nachtwächterhaftes, das durch die wenigen Accorde einer zwitterhaften Harmonie nur noch cmfsallcuder wird; es sehlt nur, daß er wie in der Sage sein Horn nimmt und tutet. Anderer Art ist die Scene im zweiten Act, wo die Thürmcr das Mvrgeulied blasen, das auf. nicht eben geistreiche Art mit Touica und Dominante wechselt; nachdem das 28 Takte gedauert hat, müssen wir uns noch 28 Takte lang mit dem gebrochenen v äur-Accord im Orchester unterhalten. Das ist nicht einfach, sondern langweilig; und wenn es dann mit einem Male aus dem vollen vciur in das volle Lclur recht eigentlich hineinplumpt, so ist dies Sturzbad eine schlechte Entschädigung für die lange Dürre. Ein begeisterter Verehrer Wagners gibt allerdings zu, wenn hier nicht eine brillante Scenerie eine Art von realistischer Illusion hervorbrächte, die.die Augen des Zuhörers soweit fesselte, daß er auf die Mnsik nur halb hören könne, so sei diese Sceue ermüdend. Welch eine Vorstellnng von musikalischer Charakteristik, die erst dauu ihre Wirkung thnt, wenn man anderweitig so beschäftigt ist, daß man nicht genau zuhören kann!
Aber leider steht es so und wir finden wiederum, daß die musikalische Charakteristik ihrem größten Theil nach ebenso äußerlich decorativer Natur ist, wie die poetische, und ganz besonders die instrumentale. Unleugbar ist dies der Theil der Technik, welchen Wagner mit der größten Virtuosität ausübt, allein diese wie jede andere Virtuosität erhält ihren Werth erst durch den künstlerischen Geist, dem sie dient. Wagner hat die Kräfte des Orchesters qualitativ und quantitativ unglaublich gesteigert und nimmt sie rücksichtslos in Anspruch; wenu er dadurch ungewöhnliche Wirkungen erreicht, so ist das an sich ebensowenig ein unbedingtes Lob, als eK unbedingt zu tadeln ist, wenn er ungewöhnliche Mittel in Anspruch nimmt. Wenn man heutzutage den Satz aufstellt, daß das Wesen der Knnst im Maß beruhe, und daß es die Aufgabe des Künstlers sei, mit möglichst wenig Mitteln möglichst viel zu leisten, so wird mau schwerlich Gehör finde»; aber niemand wird doch behaupten, daß Uumäßigkeir das Princip der Kunst sei, und daß der Künstler mit den größten Mitteln das Geringste zu leisten habe. Daß ein Verhältniß sein müsse' zwischen den Mitteln uud dem Zweck, das gibt hoffentlich jeder zu. Wenn jemand sich in Sammet kleidet, der kein leinenes Hemd, hat, oder ein Kleid von Sackleinewand mit Brillanten besetzt, so wird man ihn für einen eitlen Narren erklären, aber niemand wird seinen Geschmack loben. Wenn aber ein Künstler die Mittel seiner Knnst dazu mißbraucht, triviale Diuge,