427
Stand und namentlich Las Cases füllte die Langeweile dnrch ewiges Jntriguiren ans nnd vermehrte Napoleons gereizte Stimmung durch beständige Klagen und Verdrehungen. Auch Bertraud schürte wo er konnte, und wenn der Exkaiser sich einmal zum Nachgeben geneigt zeigte, so appellirte Bertrand an seinen Stolz uud reizte ihn durch ein „IVlaiii Lire, votrs nom, votre Kloiriz!" zum Beharren in seinem Widerstande. Unter sich selbst harmonirtcn die Begleiter Napoleons durchaus uicht. Die Generale Bertrand und Montholon standen nie auf freundschaftlichem Fuße miteinander, und zwischen letzterem und Gourgaud kam es sogar bis zur Herausforderung; überhaupt war die Sündhaftigkeit, mit der Gourgaud sich weigerte, an den Intriguen der anderen theilznnehmen, diesen ein Dorn im Auge, und sie machten ihm das Leben so sauer, daß er um Erlaubniß einkam, nach Europa zurückkehren zu dürfen, und die Insel verließ. Die beiden Damen, die Grafinnen Montholon uud Bertraud, kounteu sich ebenfalls nicht vertragen und sahen sich uur ein oder zweimal des Jahres bei Staatsvisiten. Sie wären alle gegangen, wenn sie irgendwie hätten den Schein retten uud der Welt Glauben machen können, sie hätten den Exkaiser gezwungen verlassen. Las Caseö ließ sich absichtlich bei einem geheimen Briefwechsel ertappen, und als der Statthalter ihn seinen Jnstrnctivncn gemäß verhaften uud von Longwood wegbringen ließ, ergoß er sich in bittern Klagen über die Grausamkeit, ihn von seinem Kaiser zu trennen; aber als der Statthalter ihm anbot, ihm bis zum Eintreffen neuer Verhaltungs- bcfehle Erlaubniß zur Rückkehr zu ertheilen, zog er es doch vor, die Insel zu verlassen, obgleich er recht gut wußte, daß sein Bleiben Napoleon angenehm sein würde.
Für diejenigen, welche in Napoleon immer noch den Sohn der Revolution, den Mann der neuen Zeit und den Förderer der Völkerfreiheit sehen, heben wir aus einem seiner Gespräche folgende Aeußerung hervor: „Europa und vorzüglich Frankreich sind zu aufgeklärt, um sich von dem einfältigen Unsinn, den die Monarchen nnd ihre Höfe von Legitimität, göttlichem Recht, Thron uud Altar schwatzen, verlocken zu lasse». Je weniger Freiheit sie ihren Unterthanen zu geben wünschen, desto mehr müssen sie davon sprechen. Ich wünsche ihnen nicht mehr Freiheit zu geben, als sie, darauf können Sie sich verlassen. Ich weiß wohl, daß mau heutzutage die Menschen nur mit einer eisernen Ruthe regieren kann, aber sie muß vergoldet sein, und wenn wir sie schlagen, müssen wir ihnen glauben machen, daß sie den Schlag selbst leiten. Man muß beständig von Freiheit, Gleichheit,' Gerechtigkeit und Uncigennützigkeit sprechen und nie die geringste Freiheit gewähren. Ein Systemwechsel ist nicht nothwendig, sondern nnr eine andere Sprache, uud weuu man nie dem Volke von Freiheit und Gleichheit vorredet, so stehe ich dafür, daß man es leicht bedrücken und ihm den letzten Pfennig auspressen kann, ohne daß es einen Aufstand versucht oder wirklich unzufrieden ist." Mit Frankreichs Lage und Zukunft beschäftigte sich der Exkaiser
Si*