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Der russisch-türkische Feldzug von 1829.
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Durch die Einnahme von Silistria war das dritte Corps disponibel. Die- vitsch, im Besitz von Silistria und Warna, das im vorigen Feldznge erobert war, beschloß, statt das befestigte Lager in Schumla anzugreifen, wo der Erfolg sehr zweifelhaft war, den Balkan und zwar ans der Ostseite zn überschreiten. Die Donaufestung Rustschnk lag ihm freilich noch im Nucken, aber sie wurde von einer nur schwachen Garnison vertheidigt.

General Kvassofsky sollte mit 23 Bataillonen Infanterie, 40 Escadrons Ca- valerie uud 4 Kosackenregimentern und einer zahlreichen Artillerie vor Schnmla zur Beobachtung des Platzes zurückbleiben. Die Truppen, welche deu Balkan überschreiten sollten, wurden in 2 Colonncn getheilt: die rechte unter Rüdiger sollte in der Richtung von Kinprikevy in das Kamtchikbassin eindringen, die linke unter Roth unterhalb uud östlich von Kinprikevy den Kamtchik überschreiten. Graf Pahlen folgte in geringer Entfernung mit der Reserve.

Der Grvßvezier, der die ganze russische Truppenmacht vor Schnmla concen- trirt sah, erwartete einen ernsthaften Angriff ans die Festnng. - Er berief deshalb nach Schumla eiuen großen Theil der türkischen Truppen, welche in dem östlichen Theile der Bulgarei standen und schwächte dadurch beträchtlich das Corps, welches insbesondere zur Vertheidigung des KamtchikübergangS bestimmt war.

Dieser Fehler entschied über den Ansgcmg des Feldznges.

Diebietsch ließ deu Grvßvezier in seiner falschen Befürchtung. Sobald Ge­neral Kvassofsky mit seinen Truppen von Silistria angekommen war, ließ er die Balkanarmee allmälig und in größter Stille nach dem Kamtchik abziehen.

Der Kamtchik entspringt in dem hohen Contrefort/ welches westlich die Position von Schnmla beherrscht. Er fließt in einem schmalen, aber sehr tiefen Bette, das nur äußerst wenig Fürte» darbietet, die überdies beim ersten Regenguß verschwinden. Das rechte Ufer des Flusses überragt bedeutend das linke, auf welchem die Russen den Uebergang unternehmen mußten.

Die Türken hatten auf dem rechten Ufer grade bei den gangbarsten Furten Schanzen errichtet nnd sie mit Kanonen versehen. Aber ihr Vcrthcidigungscorps war durch deu Grvßvezier zu sehr geschwächt worden: nur 3000 Türken verthei­digten den Uebergang bei Kinprikevy. General Rüdiger ließ einen Scheinangriff auf sie machen, ging währenddessen eine halbe Meile unterhalb über den Kamt­chik nnd rückte alsdann gegen Kinprikevy vor. Hnssuf-Pascha, der diese wichtige Position mit 3000 Mann schützen sollte, zog sich zurück.

General Roth schlug mehre Brücken unterhalb der von den Türken besetz­ten festen Punkte und zerstreute die Feinde. Am 20. Juli langte Noth in Pa- lisbcmo, Rüdiger in Erketsch an. Beide Orte liegen am Fuße des Nordabhaugs des Balkan. Diese hohe Gebirgskette, das Hauptbollwerk Thraciens, wurde vou den beiden Corps der Generale Roth und Rüdiger ohne Schwierigkeit über­schritten. Ein allgemeiner Jubel brach ans, als die Russen, vom Gebirge herab-