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Der russisch-türkische Feldzug von 1829.
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Nach den amtlichen Berichten der Russen verloren die Türken in dieser Schlacht bei Kulectscha 2000 Todte, 3000 Verwundete und 1500 Gefangene. Dieselben Berichte sagen, daß das Feuer der Türken lebhaft, wohl unterhalten und gut geleitet war und daß der Verlust der Russen 1500 Todte und 1000 Verwundete betrug.

Der Großvezier entkam nach Schumla. Mehre Redouten, welche die Tür­ken ans ihrem Rückzüge dorthin errichtet hatten, sowie die Schlechtigkeit der Wege hemmten ihre Verfolgung durch den Feind.

Der erste Schritt des Grasen Diebitsch nach seinem Siege bei Knlectscha war, dem Vezier Friedcnsunterhandluugen vorzuschlagen. Die Russen haben dieses Mittel oft grade in dem Augenblick, wo der Krieg am heftigsten geführt wurde, angewendet und dadurch bewirkt, daß das kriegerische Feuer der OsmaNlis sich dämpfte und sie in ihre gewöhnliche Trägheit zurückfielen.

Die damaligen Unterhandlungen führten zu keinem Resultat. Diebitsch nahm seine Stellung so, daß er Schumla beobachten und die russische Armee vor Sili- stria unterstützen konnte.

Die Garnison von Silistria, 8000 Mann stark, leistete fortwährend tapfern Widerstand. Aber Mitte Mai wurde die dritte Parallele der Belagerer vollendet und begannen die Breschbatterien ihr Feuer. Die Wallkanonen von Silistria, von der russischen Artillerie demontirt, wurden unbrauchbar und die Belagerten mußten auf MuSketenfcuer sich beschränken. Am 30. Mai endlich explodirte eine große Mine der Russen und eröffnete eine bedeutende Bresche in der Festung. Der Commandant von Silistria, der jede Hoffnung, dnrch den Großvezier entsetzt zu werden, verloren hatte, sah sich genöthigt, zu capitulireu. Die Garnison wnrde kriegsgefangen, lieferte ihre Waffen und Munition und überdies die türkische Douauflotille ans.

Zehn Wochen hatte die Belagerung gedauert: sie kostete den Russen IIS Offiziere nnd 2366 Maun. Die Türken hatten bei Silistria anfö neue ihre be­kannte Tapferkeit und Hartnäckigkeit in der Vertheidigung fester Plätze, zugleich aber auch eine große Uukenntniß und Ungeschicklichkeit bewährt. Silistria hatte sich seit der Einschließung 44, seit Anlegung der ersten Parallele 36, nach Vollendung der dritten Parallele 25, und nachdem durch die Mincnspreugungen ein ersteig­barer und sturmrechter Aufgang gewonnen war, noch 9 Tage gehalten. 29,576 Schüsse waren gegen Silistria gethan worden nnd diese mnßten nm so verheeren­der wirken, als Besatzung nnd Einwohner ans einen engen Rcmm zusammenge­drängt waren. Die größte Ungeschicklichkeit aber zeigten die türkischen Contremi- neurs; sie ließen sich überall von ihren Geguern, oft nur um wenige Augenblicke zuvorkommen. Die Minen, welche sie wirklich sprengten, sprangen zur unrechten Zeit und am unrichtigen Ort, so daß sie fast gar kein Resultat hatten. Mehre angefangene Minenschachte blieben ganz unbenntzt, da die Belagerten die Hoffnung aufgaben, den russischen Miueurs Widerstand zn leisten.