Beitrag 
Zustände der Walachei.
Seite
327
Einzelbild herunterladen
 

327

scheu Consulate eine Nachricht erhalten, die er in sein Blatt aufnahm. Der russische Cousnl lud ihn vor sich, und zog ihn darüber barsch zur Rechenschaft.

Noch gäbe es eine Hoffnung für die Douaufnrstenthümer, wenn man sie auf einige Jahrzehnte von fremdem Einfluß frei halten könnte, da unter den jüngeren Bojaren sich ein viel besserer Geist zu regeu anfängt. Aber seit Er­findung der Solidarität der conservativen Interessen gehören Hoffnungen aufs Eonserviren inö Reich der Träume. Glücklich jene Länder des europäischen Südost, wo der Türke schon keine und Rußland noch keine Macht besitzt, wie Ser­bien uud Griechenland. Eine ähnliche Stellung aller europäisch-türkischen Pro­vinzen wäre die einzige Lösung, die Bernhiguug uud gute Hoffnung für die Zu­kunft geben könnte, wenu Rußlaud nicht immer ihr unmittelbarer Nachbar bliebe.

So aber ist die Walachei ihrem Schicksal verfalle», gleichviel ob Rußland sie diesmal behält, oder wie mau hoffen muß wieder herausgibt. Schon seine Nähe tödtet.

Alle Bewohner der Länder zwischen den Karpaten, dem schwarzen, ägäischen und mittelländischen Meere haben das Gemeinschaftliche, daß sie aus Trümmern großer Völkerstämme zusammengesetzt sind, welche sich bis heut nicht vollständig vereinigen und zu großen neuen Völkern, wie etwa die Engländer, die Spanier und zum Theil die Deutschen verschmelze» konnten. Ein solch auseinanderge­rissener, in zahllose Trümmer zersplitterter Stamm ist der walachisch-romanische. Obwol stärker als die magyarische Race, da er über 8 Millionen Seelen zählt, hat er doch seit Trajan keine andere Bedeutung in der Geschichte gehabt, als zu vegetiren. Die zersprengten Glieder haben das Bewußtsein ihrer Zusammen­gehörigkeit verloren, und selbst in der Neuzeit haben die vier Hauptgruppen des Volkes, Walacheu, Moldauer, stebenbürger und bnkowinaer Romanen, statt eine Gleichheit in Schrift und Sprache anzustreben, die zwischen ihnen bestehende Kluft durch Feststellung verschiedener Schriftarten und grammatischer Normen noch erweitert. Die Verschiedenheit wurde durch die mannigfaltigen Einflüsse der Umgebungen und durch die verschiedene Mischung der Bestandtheile hervorgebracht, ans denen der romanische Stamm erwachsen ist, als alte Daker, römische Colo- nisteu, Zigeuner, Slawen und kleinere Völkerbruchtheile. Erst in der letzten Zeit ist der Versuch gemacht worden, Bukarest zum Brennpunkt uud zur Capitale des Nomanenthums dadurch zu machen, daß mau ein romanisches Lyceum stiftete, das zu einer Nationaluniversttät erwachse» sollte. Bukarest, als Hauptstadt des Landes, welches de» compactesten Theil der Ratio» euthält, als Sitz des Adels und große Handelsstadt mit wenigstens 200,000 Einwohnern*) wäre der geeignetste

*) Die Sterb-listen weisen im Durchschnitte 160 Todte wöchentlich nach. Dies gäbe für ein Jahr 8000 Todte nnd nach dem allgemeinen Sterbeverhältuiß von 1 : Z0 eine Bevvlkcnmg von Zi'0,000 Seelen. Allein es muß in Abzug gebracht werden, daß die Stadt viele Spitäler zählt, iu denen Kranke vom Lande aufgcuommcu werden, nnd daß Wechselfieber nnd Syphilis die Sterblichkeit das gewöhnliche Maß überschreiten lassen.