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«in Todeskampf für die gebildeten Völker Europas hätte werden können, wenn Oestreich seine wahre Politik verkannt hätte, das wird jetzt ein seltsames Phänomen, das man mit verhältnißmäßig geringem Schaden ertragen kann; ein Wiederaufleben der Völkerkämpfe des Mittelalters. Die Welt des griechischen Krcnzes und des Halbmonds im Streit! Auf der einen Seite die Srämme der Slawen, die Kinder der russischen Steppe, der sibirischen Wüste, Großrusse, Klcin- russe, Pole, Kosack, Tartar, Samojede, Tunguse, welch ungeheure Masse, durch europäische Disciplin und die Macht eines Einzige» zusammengcbun- deu! Auf der andern Seite neben dem Türken und Albanier der Barbarcske des Mittelmeerö, der Fellah des alten Aegypteus, der schwarze Abesstnier, Araber, Kurden, Drusen, die meisten Stämme des Korans, zusammengeflossen ans drei Welttheilen. Ans beiden Seiten ein heiliger Krieg voll Eifer und Fanatismus.
Wenn die furchtbare Masse dahinschmilzt in unnützem Kampfe, wenn der Winter mit seinen Leiden sie auslöst, wenn die Dämonen: Erschlaffung, Hunger, Senche über sie herfalle« und sie vernichten, so werden wir den Untergang vou Tausend und Tausenden mit finsterem Blick nnd ohne Freude ansehen, aber daß wir nicht selbst hingerissen werden in die Greuel eines Krieges, daß wir sicher stehen an nnserem Heerde, und unsere Hände rühren können bei der heimischen Arbeit, das verdanken wir der verständigen Politik der deutschen Großmächte, Oestreichs nnd Preußens.
Pariser Brief.
Es ist schwer, sich einen Begriff zu machen, von dem was hier vorgeht, und wer die Verhältnisse nicht genau kennt, der kann ans den Journalen, wie sie sich über die orientalische Frage äußern, gar nicht klng werden. Die Feinde der Regierung fürchten, Louis Napoleon könnte die Gelegenheit benutzen und sich durch seine auswärtige Politik den Halt im Innern verschaffen, der ihm trotz seiner ungehcnren Anstrengungen bisher fehlt. Sie stehe» daher auf Seite der Russen und verkündigen alle den Frieden. Die Börsenspeculanten, die Geschäftsleute, die Ruheliebenden überhaupt schließe» sich begreiflicherweise auch dieser Politik au, weil sie am meisten ihre» Hoffnungen entspricht. Die Regieruugsjournale, die den geheimen Gedanke» Louis Napoleons ebensowenig keime» als dessen Minister, reden der Türkei Trost zu, sie sind aber heute für den Krieg nnd morgen für den Friede», jenachdem ihnen Andeutungen von oben aus gemacht worden'. Die zwei republikanischen oder, nm besser zu sagen, die zwei Journale, weiche allein die
Grenjboten. IV. -1833, 39