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Oestreich und die türkischen Slaven.
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die Aufmerksamkeit, ja die Besvrguiß Nußlands erregte, wenigstens wurde die unmittelbar darauf folgende brüske Sendnng Menschikoffs in Konstantinopel und anderswo als gewagter Versuch angesehen, die Wirkung dieser diplomatischen Actiou zu überbieten. Was darauf folgte, ist bekannt. Die russischen Diplo­maten hielten die Frucht für gereift, sie waren« in bedenklicher Täuschung über die Beschaffenheil des Moments. Die Besetzung der Fürstenthümer erwies sich als ein übereilter Schritt.

Oestreich kam dadurch iu eiue schwierige Lage. Die Verpflichtungen von -1849, der ganze Zug der Politik, fesselten an Rußland, die Interessen in diesem Kampfe wareu direct entgegengesetzt. Für Rußlaud war die Hauptfrage, ob es ihm gelingen werde, Oestreich als Bundesgenossen durch persönliche Einwirkung nnd die Macht der Verhältnisse fortzureißen. Auf Preußens Neutralität konnte mau bei der genauen Kenntniß der dort maßgebenden Persönlichkeiten mit ziem­licher Sicherheit rechnen, Frankreichs Gewinn erschien wenigstens nicht unmöglich. Mit Oestreich konnte Rußland einen Streit gegen England wol aufnehmen. In Wien war in diesem Sommer der stille Schauplatz eines geheime» Kampfes zwischen Ost- nnd Westeuropa, lind cS scheint allerdings Tage gegeben zn haben, wo das östreichische Cabinet dem stürmischen Nachbar nachzugeben bereit war. Aber bereits vor der Zusammcnkuuft von Olmütz hatte die Regierung sich entschlossen, nnd wird wol noch auf Jahre ungewiß bleiben, wieviel Antheil an diesem Entschluß die entschiedene Abneigung des preußischen Gouvernements gegen eiu Bnndniß mit Rußland, die zwingende Rücksicht auf die Finanzlage des Staates oder die volle Einsicht in das für Oestreich Nützliche hatten. Genng, die Regierung wurde fest iu dem weise» Entschluß, nentral zn bleiben, nnd erklärte dies in höchst wirksamer, ja großartiger Weise dnrch die Entlassung von-100,000 Soldaten.

Dnrch diese ruhige, beobachtende Politik ist Oestreichs Stellung entschieden besser geworden, als sie vor dem russischen Einsall in die Herzogtümer war. Der Staat hat seine Selbststäubigkeit in der auswärtigen Politik wiedergewonnen, er steht ans dem richtigen Boden seiner Interessen, nnd was Nußland durch seiu übereiltes Losbrechen, durch die diplomatischen Niederlagen dieses Sommers an Ansehn nnd Eiufluß eingebüßt, das fällt zum grvßeu Theil Oestreich zu. Auch bei den Südslaweu wird, soweit überhaupt von einer selbststäudigen Politik bei ihnen die.^Nede sein kann, diese beobachtende sichere Haltung Oestreichs »iebt verloren gehn. Denn so roh auch dort die Masse deu KriegSlärm des Tageö beurtheilt, so habe» doch die Führer Einsicht genng, nm in kurzem zn begreifen, daß Nußland eine stille Einbuße erlitten hat, den» der Maugel großer Resultate ist bei dei» gcgeuwärligen Kriege für Rußland -eine Niederlage.

Es läßt sich nnter diesen Uniständen hoffe», daß der türkische Krieg mehr ei» blntiges Wassenspiel, als ein Terrain großer Entscheidungen sei» wird. WaS