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geworden sind, noch an dem gerechten Selbstgefühl mäkeln, womit Herr v. Cotta seine bekannte chrenwerthe thätige Theilnahme an den Arbeiten seines Geschäfts hervorhebt; dagegen tragen wir auch kein Bedenken, ein paar andere Stellen seiner Rede freimüthig zu cvmmcntircn. So können wir, offen gesagt, nur eine Phrase darin erkennen, wenn er die Kräfte seiner Untergebenen und Arbeiter nie zu etwas gebraucht zu haben behauptet, das gegen Christenthum, gute Sitte und gesellige Ordnung gegangen sei, und sie hieraus stolz zu sei» crmahnt. Etwas gegen die genannten höchsten Güter zu untcr- nchmcn, daran würde Herr v, Cotta nicht nur durch sciue Gesinnung, sondern auch schon durch seine gesellige Stellung ganz und gar verhindert sein, mit gerechtem Stolz würde er sich also nur aus den positiven Gewinn und die Opfer berufen könne», welche er denselben gebracht hätte. Auch das erscheint uns als Uebertreibung, daß er nur dem „bleibend Schönen, Wahren und Guten" dieue. DicS ist eine Anforderung, die kein Verleger erfüllen kann. Als „bleibend Schönes, Wahres und Gutes" besitzt Herr v. Cotta grvßcnthcils von seinem Vater her die Werke Goethes, Schillers, Herders u. s. w., und er eifert jenem würdig nach, wenn er diese in wohlfeilen, kritischen und cvrrecten AnSgaben fort nnd fort unter die Lcnte bringt. Solche Geister' können nicht zweimal in einem Jahrhundert erstehen, und wir werden Herrn v. Cotta gewiß keinen Vorwurs macheu, wenn anch das neue Gute, Wahre und Schöne, was seine Pressen nns liesern, größtenthcilS ephemer sein sollte.
Mit Befriedigung lasen wir in der Rede, daß Herr v. Cotta sich den unabhängigen nnd freien Herrn seiner Handlungen nennt. Er schlägt hiermit die Vorwürfe nieder, welche man ihm besonders in Beziehung aus die „Allgcmcinc Zeitung" macht. Dann erlauben wir uns aber die Frage an ihn zu richten: ob er nicht die Haltung, um nicht zu sagen Haltnngslosigkcit der „Allgemeinen Zeitung" seit ->8i8, denn weiter wollen wir nicht zurückgehen, für cincn Irrthum halte? Die Zeit ist eine andere geworden und die „Allgemein- Zeitung" ist — wir sind so billig, dies zuzugeben —- dieselbe geblieben.
MuM. — Die rheinische Mnsikzeitung gibt von dem großen Musikscst zu Karlsruhe (2. und ö. Octobcr) einen ausführlichen Bericht, aus dem wir die große Bedeutuug dieses Ereignisses für jene Gegenden ersehen; der Berichterstatter sagt nämlich: „seitdem ich das musikalische Leben in hiesiger Stadt mitlcbe und sämmtliche Concerte besuche, d. h. seit 16 Jahre« habe ich noch nicht alle Sinfonien Beethovens (die neunte gar nicht mitgerechnet), nur drei von Mozart und gar keine von Haydn gehört." Das ist ja schauderhaft! Wozu schreiben wir noch immer neue Musikstücke, wenn die alten großen zum Theil dem deutschen Volk »och ganz unbekamit sind! Fr. Liszt hat sich also kein geringes Verdienst erworben, daß er die musikalische Cultur diesen verwahrlosten Gegenden genähert hat, wenn auch die Auswahl seiner Stücke etwas zu stark dem Zukunftsgcschmack angehört. Es ist nämlich aufgeführt worden: die neunte Sinfonie und die Concert-Arie i>e>li,!o! von Beethoven; die Arie I'»no ans Titus von Mozart; ein Vivlinsolv von S. Bach (vorgetragen von Joachim, der auch ein eignes Conccrt gespielt hat); das Finale ans Lorcley von Mendelssohn; die Ouvertüre zu Struensce und die Balspriester-Aric aus dem Propheten von Meyerbccr; die Manfred-Ouvertüre von Schumann; Theile aus der dramatische» Sinfonie „Romeo