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brauchte musikalische Ton gestattet. Anders gestaltet sich das Verhältniß bei Opernmusik, in welcher der Komponist aus höhere und virtuosere GcsangSkunst Rücksicht nahm, zu deren richtiger und sorgfältiger Ausführung der Säuger ciue größere Menge physischer Mittel aufwenden muß, an deren Entfaltung ihn eine aufgeregtere Bewegung hindert. Der Sänger darf eigentlich in seiner Action nie ein gewisses Maß der Bewegung überschreiten, seine Bewegungen sollen ruhiger sein, in einem gewissen Kreise schweben, er wird schon dadurch dahin gedrängt, daß das in der Sprache schnell vorübcrfliegende Wort durch Hinzufügung der musikalischen Melodie weiter ausgedehnt wird, und die Darstellung eines einfachen Gedankens einen größer» Aufwand an Zeit beansprucht. Meycrbcer gehört trotz seinen vielen Abweichungen und pikanten Wendungen noch vollständig der ältern Opernschule an, ja er übertrifft hinsichtlich seiner Anforderungen an Sängcrvirtuosität die eigentlichen Vertreter dieser Richtung, die Italiener, deren Mnsik zwar alle Aufmerksamkeit des Sängers aus 5en technischen Theil des Gesanges erfordert, deren Werke sich aber immer vcrhältnißmäßig leichter ausführen lassen, als die auf Effecte speculirenden Meyerbecrs, zu dessen schwierigen Gesangspassagen noch die Unbequemlichkeiten eines oft gesuchten Rythmus nnd einer complicirten und abenteuerlich gchandhabten Harmonie treten. Zu diesen Schwierigkeiten gesellen sich bei den von Meycrbeer eomponirten Büchern der große Auswand von aufregenden, lebhaft zu spielenden Scenen und daraus entstehen für den darstellenden Sänger hänfig Conflicte, aus denen er sich nur mit Vernachlässigung dcS einen oder andern Theils seiner Aufgabe hcrauszuwindcn vermag. Auch Rogcr wußte diesen Conflicten nicht immer zu entgehen, obwol er nach allen Seiten hin große Fähigkeiten besitzt und bedeutende Fertigkeit sich angeeignet hat. Schon in der Besprechung des Georg Brown haben wir auf die oft einseitige Weise seiner Darstellung aufmerksam gemacht: es schien sein Gewissen nicht zu drücken, wenn er, um einen bestimmten dramatischen Effect zu erreichen, die Composition stiefmütterlich behandelte. Zwar erlaubte er sich in dem Propheten nicht derartige Uebergriffe, aber er wendete seine ganzen Kräfte den hervortretenden dramatischen Scenen zu nnd ließ manche Stelle fallen, die zwar nicht zur Ausregung anreizte, aber dennoch Ansprüche ans gewissenhafte Ausführung von Seiten des Künstlers machen durfte, z. B. fast alle lyrischen Stellen, obwol eben hier zu seiner Entschuldigung gesagt werden muß, daß die verminderte Kraft seines Organs ihn an einer vollendeten nnd dem Sinne der Musik ganz entsprechenden Aussuhruug hinderte. Die gefährlichsten Klippen sogar sür gesunde Tenorstimmen, sind im zweiten Acte enthalten und zwar in der Romanze und in dem Soloquartett mit den 3 Wiedertäufern, ganz am Schlüsse des Actes. Der Wille des Componisten war offenbar dahin gerichtet, daß der obenliegende Tenor seine Melodien mit Brnststimme ausführe, obwol dies nur in wenigen Fällen zu erreichen sein wird, da Tenorbrnststimmen selten mit leichter nnd wohlklingender Intonation diese Höhe handhaben können. Die Partie soll für Rogcr geschrieben sein; er müßte also früher den Anforderungen des Componisten entsprochen haben. Und doch zweifeln wir daran, denn nach der Analogie gleichgesormter Stimmen, mit dem so starken und mächtigen Anschlag der Tiefe und der Mitte, vermögen diese nur kurze Zeit in getragenen Stellen mit Bruststimme in der obern Region zu operiren. Es bleibt nichts übrig, als die Ausführung im Falsct, die stets widerlich ist und wir