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Correspondenz.
Seite
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Cobden u. Comp. Er hält keine Speeches, er sucht der modernen Civilisation, dem nationalen Wesen seines Landes eine mögliche Grundlage, weil von Aufrechterhaltung des Friedens ohne diese in keinem Lande die Rede sein kaun. Irgend etwas dieser Art brauchten wir jetzt in Paris, denn daß aus die orientalische Frage nicht mehr zu zählen sei, das fühlt jedermann. Auch ist uns das ewige Wiederkauen derselben Nachrichten und derselben Betrachtungen nachgrabe zuviel geworden. An den Krieg glaubt niemand, und die wenigen Kriegsprophcten, die noch übrig sind, wissen nun keinen andern Gruud mehr anzuführen, als daß der Kaiser von Rußland selbst es aufs äußerste treiben werde, das heißt Krieg machen, selbst wenn ihm der Westen alles gestattet, was er ver­langen uud wünschen kann. Hier in Frankreich wird nun mehr denn je alles geschehen, was geeignet sein mnß, die Kriegseventualitäteu zu verringern. Die Ernte ist sehr gefährdet und seitdem das schlechte Wetter uns neuerdings heimgesucht, ist es beinahe gewiß, daß wir einem Mißjahre entgegensehen. ' So sprechen sich die Berichte aus den meisten Provinzen und die raisonnirenden Berichte der vorzüglichsten unserer Agricultur- zcitschriften aus. Unter solchen Verhältnissen wäre die Unterbrechung unserer Verbin­dungen mit Rußland eine so große Noth, daß die Regierung alles ausbieten wird, den Frieden zu erhalten. Der Moniteur hat schou eine Maßregel veröffentlicht, welche die Einfuhr aus England nach Frankreich erleichtert, uud mau kaun überhaupt sagen, daß der Kaiser jetzt vorzüglich durch zwei Gegenstände absorbirt sei: der voraussichtlichen Noth möglichst abzuhelfen, und die Armee sür den diesmal noch entgangcnen Kricgs- ruhm zu entschädigen. Sehr energische Maßregeln sind zu erwarten. Die Einfuhrzölle aus Getreide werden aufgehoben und die öffentlichen Handelsgesellschaften, die vom Staate Nutzen ziehen, sollen veranlaßt werden, Getreidcvorräthe aufzukaufen, um so den Kornwuchcrern entgegenzuarbeiten. Es sind verschiedene Plane dem Kaiser vorgelegt worden, doch hat er sich bisher noch nicht entschieden. Für die Armee hat Napoleon III. seine eigene Ansicht, es muß aber gestanden werden, daß trotz des Eigensinnes, mit welcher S. M. auf einer einmal gefaßten Lieblingsidee zu beharren pflegen, diesmal der weise Rath der Minister am Ende doch siegen werde. Der Kaiser will nichts Geringeres, als der gesammten Armee Weißbrod zu essen zu geben. Die Minister haben gegen diese kostspielige eapl.ul.io IiellevoleiUias eingewendet, daß es uiipassend sei, in dem Augenblicke, wo der größte Theil Frankreichs froh sein müsse, wenn nur Brod da sei, gleichviel, ob weißes oder schwarzes, zum Besten der Armee ein so ungeheures Privilegium auszusprechen. Diese Maßregel, fahren sie fort, sei auch sonst nicht zweck­mäßig, weil der Gefallen, den man den Soldaten dadurch erweist, lange den Schaden nicht ersetzt, den man dem Schatze zufügt und auch nicht die Folgen für die Zukunft der Armee selbst auswiegt. Der Soldat, der vom Pflnge oder aus dem Atelier zur Armee kommt, ist von Kindheit an gewohnt, Schwarzbrod zu essen uud man würde ihm nun blos eine Gewohnheit aneignen, die ihn später, wenn er einmal aus der Armee ausgetreten, unglücklich machen müßte. Der Kaiser wnßte gegen seine Gewohn­heit aus alles zu antworten und bestand darauf, daß das Studium dieser Frage sofort in Angriff genommen werde, was denn auch geschieht. Aus diesem Bestreben, die Armee zu gewinnen, geht deutlich gcnng hervor, wie der Kaiser es selbst fühle, daß er noch einige Zeit zu warten habe, ehe er den dreieckigen Hut seines Onkels aus den Kops Grenzbote». III. 30