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sters folgen, der in der aufgelösten Kammer eine zahlreiche Mehrheit für sich hatte. Das Programm des Ministeriums van Hall ist indeß wenigstens in Betreff der Verfassung beruhigend, deren unverbrüchliche Fcsthaltung es voranstellt, was die aufsteigende Besorgniß vor darin beabsichtigten Veränderungen entfernt. Dagegen ist dem parlamentarischen Princip der Handschuh darin hingeworfen, mit dem Satze, daß das Ministerium deu persönlichen Einfluß des Königs ans die Executive zur Geltung zu bringen für seine Aufgäbe halte. Die „persönliche Regierung" hat seit 1815 deu Niederlanden viel Schaden zugefügt, besonders zu der übermäßigen Belastung ihres Staatscredites geführt und es war daher kein geringer Vortheil der Verfassungsreformen von 18i8, daß sie die Macht der Generalstaaten auf Kosten des persönlichen Regiments erhoben. Wir glauben, daß der Rückschlag gegen das jetzt wieder austauchende Uebergemicht des letztern nicht ausbleiben wird, sobald die Nation von neuem seine unvermeidlichen Uebel empfindet. Bei der diesmaligen Wahlschlacht haben die protestantische Aufregung und die Antipathien, die das zu schroffe Auftreten und die zuweilen zu rücksichtslosen Neuerungen Thorbeckes mehrfach erzengt hatten, dem Hof und seinen Verbündeten den Sieg gegeben. Die kirchliche Frage aber, der das Ministerium van Hall seine Existenz verdankt, dürste bald auch seine größte Schwierigkeit werden; weder die Verfassung, noch die unabweislichen Forderungen einer toleranten Politik, die eine dreihnndertjähnge Tradition in den Niederlanden sanctionirt hat, gestatten ihm den Erwartungen zu entsprechen, die es in den Massen erregt hat, die aber von den gebildeten Classen nicht getheilt werden. In der Thronrede, mit welcher Wilhelm U1. die vor kurzem zusammengetretenen Generalstaaten eröffnete, sind Vorlagen verheißen, die die Negierung in Stand setzen sollen, das Interesse des Staates gegen kirchliche Uebergriffe zu sichern, ohne das althergebrachte Princip der Toleranz zu gefährden. Beide Kammern haben in ihren Antwortadressen sich, wenn anch der Politik des Ministeriums günstig, so doch mit erkennbarer Zurückhaltung hierüber ausgesprochen, so daß die in der gegenwärtigen Vertretung verstärkte Fractivn Groen van Prinsterers bereits in der zweiten Kammer gegeu die Adresse protcstirt hat. Diese äußerste Rechte wiegt mit der liberalkatholischen Partei die Majorität des Ministeriums auf und sobald die letztere sich erst in etwas von ihrer Niederlage aufgerichtet hat — bei der Adreßdebatte trat sie noch sehr bescheiden auf — dürfte das Ministerium van Hall die Schwierigkeiten seiner Position empfinden. Die Sitzung des Sommers wird, allem Anschein nach, nur von kurzer Dauer sein.