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Wochenbericht.
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Partie des Johann in dem Propheten; er entwickelte hier außer den schon berührten Vorzügen auch eine Kraft des Tons, die angenehm ansprach, weil der Ton in dem Glanz der Gesundheit strahlte. Fräulein Jda Buck vom hiesigen Theater trat in derselben Oper zum ersten Male in einer großen Partie auf, nachdem sie früher in weniger bedeutenden Rollen gewirkt hatte. Ihr schönes Stimmmaterial, das in den letzten Jahren, nachdem sie das Conservatorium verlassen hatte, mit großer Sorgsalt im Privatunterricht gepflegt worden war, überraschte das Publicum, und die sorgfältige Vorbereitung, der sie sich in dramatischer Beziehung unterworfen hatte, ließ ihr einzelne Momente des Spiels vortrefflich gelingen.. Sie erlangte reichen Beifall.

Am 19. Juui veranstaltete Herr Moritz Siering aus Dresden eine musikalische Matinee in dem kleinen Saale der Bnchhändlerbörse. Zur Ausführung kamen lauter Stücke seiner Cvmpvsition: zwei Salonstücke für Piauoforte, sechs Lieder sür Sopran mit Pianofortebeglcituug, und ein Trio für Violine, Cello und Pianosorte. Das Talent des Componiften verdient große Beachtung, und noch mehr anzuerkennen ist seine Neigung zn einem soliden Kunststreben. Dafür gab das Trio das beste Zeugniß. Das Werk zeichnet sich aus durch klare und faßliche Motive, durch geschickte contre- Pünktische Behandlung derselben und durch eine recht gute Instrumentation. Alle diese Vorzüge werden leider ein wenig geschwächt durch eine gewisse Unselbstständigkeit, die sich nicht sowol in Motiv-Reminiscenzen kundgibt, al-s vielmehr in Charakterübereinstim­mungen der größeren, ganzen Sätze. Dies ist ein schlimmerer Fehler, als die Nach­ahmung in Noten und bestimmten, bekannten Phrasen, und die Vertilgung desselben kann nur unter sehr ernsthafter Selbstprüfung gelingen. Das Talent für lyrische Ar­beiten zeigt eine größere Unabhängigkeit; hinter den vorgetragenen befanden sich einige von tiefer Empfindung nnd großem musikalischen Werthe. Unter den Salonstücken zeigte der Walzer eine allzu entschiedene Hinneigung zu Chopin.

Am 6. Juni sand in Paris die 3iS. Vorstellung von Meyerbecrs Robert le Diable statt.

Die Komposition Eberweins in Weimar zum zweiten Theil des Faust ist dem Berliner Hostheater eingereicht, aber refustrt worden, weil dieser Theil nicht zur Aus­führung geeignet sei. Was allerdings auch unsere Ansicht ist.

Frl. Alboni verläßt am 30. Mai Amerika.

In dem 3. Heft derFliegenden Blätter sür Mnsik" (Leipzig, Baum- gärtncr), ist u. a. eine Apologie der Salonmufik, mit der wir ganz und gar nicht übereinstimmen, dagegen eine Empfehlung Dittcrsdorfs, die wir für sehr richtig und zweckmäßig halten. Die Abhandlung übertechnische Construction der Jnstrumental- werke" ist beendigt.

Literatur. ^ Gratulations-Litcratur. Aus Dresden. Einiges Aufsehen haben unter den Festlichkeiten der hohen Vermählung die beiden Gratulations- carmina gemacht, welche Ihr Pleiße-Athen gesandthat. Wer sich der schönen lateinischen Gedichte erinnert, welche früher Gottfried Hermann im Namen der Universität schrieb, hat wol den Kopf geschüttelt über die gedankenarmen, mühsam zusammengesuchten Distichen der aLaÄömia I^ipsierisis, indessen muß man billig sein; gegenwärtig gelten bei den Philologen andere Leistungen hoher, als Versemachcn, und mit Recht. Was hier ver­wundert, oder eigentlich mehr als verwundert hat, ist der Mangel an Tact in der