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treibung nicht bis zu dieser Ekel erregenden und gotteslästerlichen Höhe treibt, so ist doch sein Anhang selbst unter den bei einer so egoistischen Politik am nächsten Betheiligten weit geringer als in Deutschland; so verschieden ist das Maß der vorhandenen politischen Intelligenz in beiden Ländern, soweit überragen die englischen aristokratischen Classen die deutschen an Patriotismns, wenn es gilt, das eigene Interesse den allgemeinen Interessen des Vaterlandes nachzusetzen. Sir I. Pakingtons Antrag unterlag mit der großen Majorität von 268 gegen -183 Stimmen, und das alte Torythum hat damit eine neue eclatante Niederlage erlitten.
Das neue Torythum tummelt sich auf einem ganz andern Felde herum: es sucht seine Siege auf dem Gebiete der auswärtigen Politik und leitet seine Angriffe mit vieler Keckheit. In dem von Disracli beeinflußten neuen Toryblatt „?I,e ?ress" stand dieser Tage eine schauerliche Geschichte von einem Hochverrath, den Lord Aberdeen und Lord Clarendon an dem britischen Volke begangen hätten. Das Blatt wollte nämlich wissen, der russische Gesandte habe bereits früher Lord Clarendon eine vollständige Mittheilung über das gemacht, was Fürst Mcnschikoff in Konstantinovel zu fordern beabsichtigte, und. Lord Clarendon habe mit der Bestimmung Lord Aberdeens nichts dagegen zu sagen gehabt. Die extremen Forderungen Rußlands an die Pforte hätten daher schon vorher die Billigung des englischen Cabinets gefunden, ob durch unerklärliche Verblendung oder verrätherischc Connivenz der beiden genannten Herren wird unervrtert gelassen. Dieses Blaubartmärchen benutzte die Oppositionspresse als willkommene Ver> anlassung zu den leidenschaftlichsten Angriffen auf die auswärtige Politik des Ministeriums und gab Anlaß zu einer Schwenkung, bei deren Anblick man nicht ohne komische Erregung bleiben kaun: Lord Aberdeen, so lange das Schoßkind der Torypresse, das hochverehrte Orakel ihrer auswärtigen Politik, ist Plötzlich ein Verräther an England geworden und steckt mit den absolutistischen Höfen unter einer Decke, und der einzige Retter aus der Noth — Lord MalmcSbury natürlich ausgenommen — ist Lord Pal- merston, derselbe Lord Palmerston, den vor zwei Jahren die ganze Torypresse auf Com- mando mit Koth bewarf, und beschuldigte, er befolge eine landesverrätherische Politik, weil er England mit seinen alten Alliirten, Oestreich und Rußland, verfeinde. So ist die Parteitaktik überall.
An der ganzen Geschichte war natürlich kein wahres Wort. Allerdings waren dem englischen Cabinet von Herrn von Brunnow Mittheilungen über die Forderungen des Fürsten Mcnschikoff gemacht worden, aber bevor Lord Clarendon ins Cabinet trat, und als Lord Rüssel noch das Departement des Auswärtigen hatte, und mir insoweit sich diese Forderungen ans die Frage wegen der heiligen Orte bezogen. Da dieselbe der Billigkeit angemessen waren, so sprach das englische Cabinet seine Zustimmung zu derselben aus und unterstützte sie auch in Konstantinopel, wie bekannt mit Erfolg. Ganz anders mit den letzten Forderungen Rußlands. Diese erfuhr das englische Cabinet, und von ihm wahrscheinlich auch Herr von Brunnow, erst durch eine Depesche Lord Stratsords aus Konstantinopel, dem sie bei seiner Ankunft von dem Minister des Sultans mitgetheilt worden waren. Die französische Rcgiernng schickte in dem ersten Acte des diplomatischen Drama's um Bosporus ihre Flvttc in die griechischen Gewässer, und England.versagte damals seine Mitwirkung, da es die ihm bekannten Forderungen Rußlands billigen mußte; sowie aber das aggressive Verfahre» Rußlands in London bekannt wurde, verständigte man sich mit Frankreich, nnd das Resultat dieser Verständigung ist die Ver-