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Die Befestigung der norddeutschen Seeküsten.
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keineswegs sehr erfreulichen Schutz, den Deutschland von russischen Kriegsschiffen zu erwarten hat, dürfte man daher auf ein Minimum anzuschlagen haben. Oder sollte jemand durch die dänische Flotte seine Rechnung machen? Wer bei der Beantwortung dieser Frage uoch nicht mit sich einig ist, dem möchten wir rathen, auch nur eine Stunde in der Mitte dänischer Laud- uud Seeofflciere zu verweilen, uud die freuuduachbarlichen Gesinnungen, welche dieselben gegen alles, was deutsch ist, bei jeder Gelegenheit äußern, mit anzuhören.

Der zweite Umstand, der ehemals in einem Kriege gegen Frankreich nicht mit in Berechnung gezogen zu werden brauchte, der aber jetzt von größter Be­deutung sein muß, ist die Anwendung der Dampfkraft für Kriegsschiffe. Frühe eiue Segelschiffflotte auszurüsten, um Landtruppcn von Havrc oder Calais oder Dünkirchen nach Bremerhaveu oder Cuxhaveu zu transportiren, wäre ein sehr mißliches Unternehmen gewesen, denn diese hätten leicht ebenso viele Tage unter­wegs sein können, wie sie jetzt Stunden dazu bedürfen.

Die gewaltige Macht des Dampfes, durch welche unsere deutschen Nord­seeküsten jetzt den französischen Kriegshäfen so nahe gerückt sind, hat man aber bei uus in Deutschland noch gar uicht in Erwägung gezogen, denn sonst hätte man dieselben unmöglich iu eiuem gänzlich vertheidigungslosen Zustand lassen können. Wenn jetzt Frankreich au Deutschland, Oesterreich und Nußland den Krieg erklärte, so wäre es das Wahrscheinlichste, daß mau von den französi­schen Häfen der Nordsee nnd des Canals eine Dampsflvtille auslausen ließe, um LandnngStruppen an die deutscheu Nordseeküsten zu bringen. Mit Hilfe der größeren Privatdampfschiffe kann Frankreich aber mindestens 2i,000 Mann mit den nöthigen Geschützen (ohne Bespannung, die man im feindlichen Lande requi- riren müßte) iu drei Tagen nach der Elb- oder Weser-Mündung transportiren. Nichts verwehrt einer solchen Dampfflotille die.Landung, nnd sie kann bequem bei Bremerhaveu oder bei Cuxhaven oder Glückstadt an der Elbe anlegen und ihre Truppen, die man durch eiue nochmalige Fahrt noch bedeutend verstärken könnte, aus Land setzen. Ein französisches Truppeucvrps von anch nur,24 30,000 Manu mit 40-30 Geschützen, dem stets der Rückzug nach seiuen Schissen offen bliebe, so plötzlich uach Norddeutschlaud geworfen, würde uicht wenig Verwü­stung dort aurichteu. Gänzlich von Festungen, die des Namens werlh, entblößt, liegen das Königreich Hannover, die Großherzvgthümer Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Strelitz und Braunschweig demselben offen, und die preußischen Festungen Stralsnnd au der Ostsee, Spaudow unweit Berlin, Magdeburg, Wittenberg »ud Torgau an der Elbe uud Minden an der Weser sind die ersten, welche es auf seinem Weitermarsch aufhalten könnten. Und wenn ein solches abgesondertes Corps sich auf die Länge auch nicht in Norddeutschlaud halten könnte, so wäre ein auch uur kurzer Besuch desselben in unseren reichen Handelsstädten Hamburg, Lübeck,'Bremen, Rostock oder iu unseren Residenzen Hannover, Brauuschweig,