Heine's neue sie Schrift.
In einer seiner Kritiken bespricht A. W. Schlegel Parny's Gedicht I^r gnerrc! äes äieux, in welchem der Kampf der verschiedenen mythologischen Bildungen dargestellt wird, und macht darauf aufmerksam, wie glücklich einerseits ein solcher Stoff sich zum Gegenstand eines phantastischen Gedichts eigne, wie nothwendig er aber auf der andern Seite einen freien Standpunkt bedinge, um in der That in das Gebiet der Poesie zu fallen. Parny hatte diesen freien Standpunkt nicht; er gehörte der Periode der philosophischen Aufklärung an, und verhielt sich daher einseitig negativ und polemisch gegen seinen Gegenstand. Um solche Schattengestalten in humoristischem Licht darzustellen, muß der Dichter sie vorher iu der ganzen Fülle ihrer Lebendigkeit angeschaut, und warme Theilnahme für sie empfunden haben. Was uns aber auf den ersten Anblick wundern sollte, ist, daß die romantische Schule nicht selber versucht hat, iu eiuem ähnlichen Gedicht ihre mythologischen Studien zu verwerthen. Eigentlich waren die Gvttergcstalten untergegangener Neligionsformen, ihre Symbole und Wandluugen, doch immer der Hauptgegenstand ihres Dichtens uud Trachtens, uud wenn sie es auch angeblich in einer höheren Absicht trieben, nämlich um eine neue Religion zn gründen, in der alle früheren Religionen in organischem Zusammenhang enthalten sein sollten, so lag dieser Zweck doch zu fern, und der unmittelbare Gewinn, den sie von ihren Studien hatten, mußte sie mehr zu einer poetischen, als zu einer dogmatischen Verarbeitung auffordern. Denn sie hatten sich die Götterbilder der verschiedenen Zeiten in sinnlicherer Anschauung, als die meisten ihrer mitstrcbendcn Zeitgenossen gegenwärtig gemacht, sie hatten die Götter nicht nur in der Zeit ihrer Blüthe beobachtet, sondern anch in der Periode ihres Verfalls und ihres Untergangs; ihre Gesichtspunkte waren so vielseitig, daß keine Befangenheit in einem bestimmten Kreis religiöser Vorstellungen sie störte, und ihr analytisches Talent bebte vor dem Heiligsten nicht zurück, weun es sich nur zu Combinationen und Symbolen gebrauchen ließ. Aber ihr Fehler war, daß diese Analyse sich Grc-nzbotm. U. 46