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triguen, für welche der neue Hof sogleich den Mittelpunkt abgab, so spaßhaft sie im Einzelnen sind, doch mit einer viel zn großen Breite ausgeführt, wenn wir den Zweck des Ganzen im Auge behalten. Zinn Schluß wird uus eine gedrängte Uebersicht der Literatur jener Zeit mitgetheilt, die aber ziemlich oberflächlich ist, und eigentlich auf eine neue Declamation gegen Napoleon herauskommt, dessen Sturze Herr von Lamartine etwas zn voreilig das augenblickliche Aufblühen der Künste und Wissenschaften beimißt.
Der dritte Band führt uns zu Napoleon zurück. Die Uebergaugszeit, welche seiner Einschiffnng aus Elba vorausging, ist bei Walter Scott viel besser geschildert. Ueberhanpt dürfte vielleicht gerade jetzt, wo der blinde Enthusiasmus für Napoleon sich allmählich zu legen beginnt, dieses Werk trotz seiner mannichfaltigen Fehler und Nachlässigkeiten eine gerechtere Würdigung finden, als ihm bis jetzt zu Theil geworden ist. Die Ereignisse selbst sind sehr malerisch und mit poetischem Talent geschildert. Lamartine weiß, wie ein Romanschreiber, aber doch ohne eigentlich ans dem historischen Styl herauszugehen, uns die Localitäten und die einzelnen Situationen gerade so lebhaft zu vergegenwärtigen, wie die historischen Portraits. Die fieberhafte, nachtwandlerische Stimmung des Kaisers, der durch deu fabelhaften Erfolg gegen jede ruhige Anschauung der Wirklichkeit geblendet wurde, ist meisterhaft geschildert, dagegen wünschte man bei den diplomatischen Verhandlungen mehr Ernst, mehr Eingehen auf den nothwendigen Zusammenhang der Dinge, weniger Freude an der Geschicklichkeit einzelner Jn- triguauten. Der neue Abschluß der Allianz gegen Napoleon vom 31. März Macht den Schluß, die Geschichte Murats ist episodisch und oberflächlich hinzugefügt.
Im Anfang des vierten Bandes werden wir wieder an den Hof der emigrirten Königsfamilie eingeführt, dem wir nicht mehr das alte Interesse abgewinnen können, weil wir bereits zu sehr mit ihm bekannt sind. Die inneren Intriguen in Paris sind gut geschildert, namentlich so weit Napoleon persönlich ins Spiel kommt, dagegen ist die Schlacht bei Waterloo mit einem fabelhaften Leichtsinn zusammengeschrieben, und die darauf folgenden Ereignisse, wo das dramatische Juteresse aufhört, zu weit ansgeführt.
Der fünfte Band beginnt mit der Gefangennehmung Napoleons. Die Stellung der Alliirten zn dem wiederhergestellten französischen Kvnigöthum und die jetzt bedeutend hervortretenden Charaktere von Talleyrand, Chateaubriand und Fouche' sind vortrefflich ausgeführt, wenn auch nicht ganz unparteiisch. Namentlich aus dem Verhalten nnd dem Charakter des Letzteren ist ein höchst anziehendes Gemälde gemacht. Wir bemerken nebenbei, daß sich die aristokratische Gesinnung, die bei Lamartine insgeheim sehr stark war, alle Augenblicke in kleinen Zügen entwickelt. Wenn er z. B. Talleyrand und Fouchi zusammenstellt, so läßt er bei dem Letzteren das höfliche N. (Mnswar), welches bei den Franzosen nie fehlen