Lamartine's Geschichte der Restauration.
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Uixloii'e <>e >-> re»l»ur»lion par «Ie I.!»»i»'l.i»e. 8 vol. Vruxölles ,3: I-vip7.ix.
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Herr v. Lamartine hat in seiner politischen und literarischen Laufbahn nicht blos so viel schwere, Irrthümer und Thorheiten begangen, er hat dabei auch so viel Kleinlichkeiten des Charakters entwickelt, daß unter jeder andern Nation sein Ruf bereits zu Grabe getragen wäre. Bei den Franzosen ist es anders. Theils hält ihre Pietät gegen Männer, denen sie einmal ihre Liebe und Achtung geschenkt haben, sehr lange vor, theils werden sie durch Charakterschwäche» weniger verletzt, in denen sie die Abbilder ihres eigenen Wesens erblicken. Der Grundfehler Lamartine'S ist das Bestreben, in jedem Moment seines Lebens uud Wirkens eine theatralische Haltung anzmiehmeu, die ihn dem Publicum interessant machen soll. So arg wie er hat es darin zwar kein Anderer getrieben, aber im Wesentlichen hat doch jeder Franzose dieselbe Neigung, und läßt es sich daher auch bei seinen großen Männern gefallen. So ist denn ein Etwas in den Schriften Lamartine's, in den prosaischen, wie in den poetischen, was ans das französische Publicum seine Einwirkung nie verfehlt, während es nns Deutsche geradezu verletzt: die Virtuosität im sinnlichen Klang, in der Volltöuigkeit der Phrasen. Herr von Lamartine hat einige sehr glänzende Einfälle gehabt, die von Mund zu Muude gegangen siud, uud vorzugsweise dazu beigetragen haben, seineu Ruhm zu verbreiten; uud wo ihm glänzende Phrasen fehlten, ersetzte er sie durch gleichgültige, nubedeuteude oder auch geradezu hohle und unsinnige. Die Franzosen waren mit den einen gerade so znfriedeu, wie mit den andern, wenn sie uur eiueu sonoren, vollen Klang hatten. Uns Deutscheu ist so etwas unbegreiflich. Wir intercssiren uns zwar auch für Paradoxiren ohue eigentlichen Inhalt, aber sie müssen wenigstens so unklar und mystisch sein, daß ^ wir darüber träumen können, daß sich uns ihre Nichtigkeit nicht sogleich ansdräugt. Unter diesen Umständen geht unö viel von dem Zauber Lamartine's verloren, und doch müssen wir zugestehen, daß noch
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