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Gegenwart heranschreitet, vornämlich in seinem letzten Abschnitte „Umrisse aus der Paulskirche." Auch hier sollen wir nur die Ausdrücke erster Eindrücke empfangen, auch hier augeblich lauter 1848 niedergeschriebene Aufsätze. Zur Milderung
— dies ist gewißlich wahr — hat allerdings die „fleißige Nachbesserung" nicht beigetragen; ob aber nicht zur „bedeutenden Vermehrung" ist eine andere Frage. Denn hätte Herr Weber 1848 so geschrieben, wie er hier über Personen und Sachen aburtheilt, so bliebe keine andere Wahl als ihn für doppelzüngig im höchsten Maße zn erklären. Die stenographischen Berichte der Nationalversammlung führen den juristisch unwiderleglichen Beweis, daß er auf der Tribüne der Panlskirche iutellcctuell und wörtlich genau das Gegentheil dessen sagte, was er
— wenn die Entstchuugsdaten der vorliegenden Aufsätze eine Wahrheit sind — an denselben Tagen zur Veröffentlichung in Zeitschriften sendete. Dies aber ist von einem Priester überhaupt nicht vorauszusetzen; am wenigsten von Herrn Weber, an welchen bekanntlich bei der neuesten Bischvfswahl in Breslau gedacht wurde; von einem Lehrer der Wahrheit, welchen seine Vorgesetzten so würdig befinden, daß der Bischof vou Limburg, wie die Zeitungen melden, auf die Uebung seiner ständischen Rechte in der eben tagenden Nassauer Kammer verzichtete, weil ihm nicht gestattet ward, ihn zur Stimmführung zu substituireu; vou einem geistlichen Rathe, welcher in Frankfurt unter den Katholiken die vielleicht ausgebreitetste Clientel besitzt. Man müßte sonst gegen ihn selbst den strengen Urtheilssprnch wenden, welchen er (S. 373) über Andere fällt: „Die Gemeinheit ist ein Fluch, den nichts versöhnen uud lösen kauu." — Mit fast cynischem Wesen, wofür Herr Weber auch bereits mündliche Abbitte uud schriftliche Ehrenerklärung leisten mußte, wird zunächst ein Frankfurter Kaufmann (S. 32S) moralisch als Erfinder des Ausdruckes Vvlkömajestät verantwortlich gemacht, während doch Herr Weber fast ein Halbjahr später (22. Januar 18i9) bei der Erblichkeitsfrage auf der Tribüne der Paulskirche „Volkssouverainetät", Urwahlen für den Kaiser, und wenn das nicht möglich, einen Präsidenten auf eine Weise empfahl, daß selbst Dahlmann, der sich sonst wenig um derartiges Gerede kümmerte, strenge Rüge nicht unterdrücken konnte. Indem aber Herr Weber auf eine Schilderung der einzelnen Abgeordneten eingeht, kann er nur der „sogenannten katholischen Partei" Anerkennung schenken, „weil ihr ganzes Absehen auf eine baldige Verfassung des deutschen Volkes gerichtet ist." Wie stimmt dies mit der Wahrheit der Thatsachen? Und indem er grundfalsch uud verfälschend schon beim Beginne der Nationalversammlung eine consessiouelle Parteieubildung zeichnet, stellt er die ver- läumderische Behauptung auf, daß zu Joseph vou Radowitz diejenigen gestanden hätten, „die eben so innig an der katholischen Kirche hangen, als sie baar sind von jeder Sympathie für das gewaltsame, im innersten Kerne treulose, jedes fremde Volksthum anfeindende Preußeuthum", sowie überhaupt „Alles, was noch Sinn hat für christliches Recht und Leben, selbst einzelne Bekeuner der prote-