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seine lebhaften Hoffnungen, ein großer Maler zu werden, mindestens sehr zweifelhaft sind. Daß er durch seinen großen Edelmuth in Dürftigkeit und innern Verfall geräth, ist psychologisch wahr, obgleich es hübscher, genauer und würdiger dargestellt sein könnte; die Art und Weise aber, wie er ans diesem Gefühl der Erniedrigung herausgerissen wird, ist wieder charakteristisch für das Talent Pousard's wie für seine Anschauung des Lebens. Allerdings ist auch das nicht unwahr, daß die Bewunderung durch eine liebenswürdige Frau vorzüglich geeignet ist, dem weichlichen George sein Selbstgefühl wiederzugeben, aber die Situation, in welcher dies geschieht, müßte dann doch die größte und ergreifendste des Stückes sein, denn ans sie kommt Alles an. Diese Situation aber ist sür deutsches Gefühl so dürftig, leichtfertig und schlecht gearbeitet, wie nur bei einem großen Mangel an Talent und Erfahrung möglich ist und die gnte Wirkung, welche Lucile auf Georg hiuter der Scene ausübt, müssen wir gar aus einem Monologe Nudolph's erfahren. Da diese Kräftigung des Selbstgefühls in' dem Helden aber doch nnr das erste Moment sür seine innere Wiederherstellung sein kann, so war es nöthig noch Andres hinzuzufügen, wodurch er stärker werden und die Harmonie zu der Welt wiederfinden tonnte. Er muß älso die kleine Fabrik erwerben, der Notar verschafft ihm das Geld zum Ankanf, George verspricht fleißig zu sein. Jetzt wäre die Aufgabe gewesen, ihn in diesem neuen Leben vor der Vereinigung mit Lucile als thätig in beschränkten Verhältnissen zu zeigen und darzustellen, wie er, der verwohnte Reiche, als verhältnißmäßig armer Mann sich doch glücklich und gesnnd empfindet. Das hätte sich dramatisch im Anfang des 3. Actes sehr gut machen lassen, aber um so etwas für nöthig zu halten, dazu haben die modernen Dichter der Franzosen, auch Scribe nicht ausgenommen, zu wenig Ernst. Uud vollends Pvnsard! Er begnügt sich, dem Pub- licnm durch eine glaubhafte Persou zu versichern, daß Freund George es wieder bis auf 70S0 Rthlr. jährlicher Einnahme gebracht hat, und im Begriff steht, von Neuem ein wohlhabender Manu zu werden. Außerdem ist schon vorher eine leise Möglichkeit eröffnet, daß die reiche alte Jungfer den George einmal zum Erben einsetzen wird. Er wird noch sehr reich'werden. Wie dürftig! wie gemein! Dadurch eben wird am Ende die Tendenz des Stückes: Die Ehre geht zum Teufel, wenn der Mensch kein Geld hat, es lebe das Geld! Eine schone Lehre-im Munde eines Dichters, der, wie Ponsard Ansprüche macht, in edler Einfachheit gegenüber dem Treiben der Tagesschrifistcller fest ans sich selbst zu stehen.
Die Haupt-Charaktere des Stückes fiud leider nicht besser als die Haud- lnng. Ponsard hat Verstand genug, um das Zweckmäßige und Passende in den Empfindungen der Einzelnen zu erkennen, aber er hat nicht Talent genug, diesen Empfindungen in den einzelnen Situationen dramatischen Ausdruck zu geben. Die Umrisse der Charaktere sind einfach, ja dürftig, ihre Stimmungen sprechen sie in langen Reden aus, bei denen man die Gewohnheiten der Tragödie des