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Neue deutsche Romane.
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Theilnahme der Gebildeten gewonnen haben, verdanken diesen Erfolg dem Um­stand, daß ihre Versasser sich Mühe geben, das Kolorit und die Verhältnisse der Zeit und Menschen, welche sie schilderten/ genau zu idealisiren. Der Jude von Spindler, Cabanis und die anderen märkischen Romane von Wilibald Alexis, die Bilder aus dem Soldatenleben von Hackländer und die Dorfgeschichten von Auerbach und wenig Andere zeichnen sich vor der Masse der Uebrigen dadurch aus, daß sie sorgfältige Zeichnung, genaue Schilderungen, eine charakterisirende Sprache besitzen und ein warmes, mit Liebe und Fleiß schaffendes Dichtergemüth erkennen lassen. Für diese Vorzüge hat der deutsche Leser ein sehr lebhaftes Gefühl; wo sie vorhanden sind, da ist er geneigt, Vieles zu verzeihen und sich den Eindrücken freudig hinzugeben. Wo diese Vorzüge fehlen, läßt er sich viel­leicht durch Kunststücke und Reizmittel auf eine kurze Zeit verlocken, aber schnell ernüchtert rächt er sich durch Vergessen.

Wir haben kein Salonleben, wir haben keine Salonsprache, wir sind nicht in einer großen Stadt zusammenzubringen, und wenn wir einmal zusammen­gedrängt werden, Präsentiren wir uns nicht vortheilhaft. Wer uns schildern will, muß uns aufsuchen in unserer Arbeitsstube, in unserem Comptoir, unserem Feld, nicht nur in unserer Familie. Der Deutsche ist am größten und schönsten, wenn er arbeitet. Die deutschen Romanschriftsteller sollen sich deshalb um die Arbeit der Deutschen kümmern. So lange sie das nicht thun, werden sie keine guten Romane schreiben. Aber die Meisten, welche jetzt Romane auf deu Markt werfen, arbeiten selbst flüchtig, zerstreut, ohne rechten Drang, ohne Studien und ohne Kritik, als Tagelöhner für den Tag,

H'ML