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abend, der junge Herzer hat den Betrag der Schuld durch einen Bekannten sich geschafft, Vater, Sohn und Clara gehen in das Hauö ihres Feindes, des Ge- heimeraths, wo Alfred gerade Gelegenheit gehabt hat, bei der Christbescheerung die gemeine Gesinnung seiner Braut Elise kennen zu lernen. In großer Schlußscene erfährt Alfred die Intriguen des Geheimeraths nnd seiner conservativen Spießgesellen, neben welchen die demokratische Familie in der Glorie bürgerlicher Redlichkeit erscheint. Er giebt Clara den Arm und verläßt die Familie des Geheimeraths für immer. Denn auch das arme Mädchen hat das Unglück gehabt, von der Familie des Geheimeraths böslich verleumdet zu werden, sie ist nämlich einst bei Nacht in Mänucrkleidcrn aus der Straße dahergegangen, und hat nächtliche Rendezvous mit dem Gehilfen des Oberstaatsanwalt«.^ gehabt, einem charakterlosen Menschen, der früher die Abficht gehabt halte, sie zu heirathen, zuletzt noch die, sie zn verführen. Sie hat aber als ein tugendhaftes Mädchen, als sie dies merkte, mit ihm gebrochen, und Alfred hat Gelegenheit gehabt, in einer Nachtscene an eiuer Kirchenmancr den zudringlich werdeudeu Assessor von ihr abzuwehren, er ist also vollständig von ihrer innern Unschuld überzeugt, und vermag die.üblen Verlenmdungen, welche die boshafte Geheimerathöfamilie aus dieseu Vorfällen herleitet, richtig zn würdigen. Er heirathet demnach ein halbes Jahr darauf Clara nnd am Schluß des Romans versichert diese ihren Vater, daß ihr Mann jetzt in vielen Stücken anders denke.
Diese Geschichte ist anziehend erzählt, die Nichtswürdigkeiten des Polizeisystems, der Spione u. s. w. sind sehr anschaulich gemacht. Aber ein ruhiger Geschäftsmann wird doch während des Lesens eine fortlaufende stille Verwunderung nicht loswerden können. So wenig Rücksicht ans die Formen des Geschäftsverkehrs, ein so vollständiger Maugel an Charakteristik uud vor Allem eine solche Sammlnng von Lnmpen uud Thoreu! Weuu sich der Geheimerath nnd sein Anhang so nichtswürdig als möglich benehmen, so mag das hingehen, aber daß der Verfasser anch die Heldenfignren des Stückes, Alfred und die Familie des Fabrikanten, wider seineu Willeil zu so kläglichen Individuen gemacht hat, das ist doch auffallend. Die unschuldige Clara hat hinter dem Rücken ihres Vaters eiu Jahre langes Verhältniß mit eiucm jnugeu Mauue, dem sie bei Nacht außerhalb .des elterlichen Hauses Zusammenkünfte bewilligt, Briefe zum Fenster herauswirft, die allenfalls ein Anderer anfhebt u. f. w., ihr Bruder begeht iu der Noth eine Wechselsälschuug, unter alleu Umstäude», zumal für deu Geschäftsmann eine nichtswürdige Handlung, nnd diese Fälschung wird zwar als ein kleines Unrecht, aber doch als ein sehr verzeihliches vom Verfasser behandelt, er wirft allen Schatten auf die Jntrignanten, welche das Unrecht für ihre Zwecke benutzen wollen, uud alles Licht auf den leichtsinnigen Menschen, der so etwas zu thun im Stande war. Und der ritterliche Alfred selbst, welchen Grad von Bildung, Urtheil und welche Ansichten über Menschenwerth bringt er in die Erzählung mit! Er