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durch sie das Geheimniß kund zu thun, das er nie in der Musik aussprechen konnte und einzig doch nur in der Musik aussprechen zu können wähnte.
Künstliche Ausregung und fieberhafter Schwindel war aber nur Berlioz' Begeisterung; erwachte er aus ihm, so gewahrte er mit der Abspannung eines durch Opium Betäubten eine frostige Leere um sich her, die zu beleben er sich mühte, indem er die Erhitzung seines Traumes sich künstlich zurückrief, was ihm nur durch peinlich mühsame Abrichtung und Verwendung seines musikalischen HauSrathes gelingen wollte. In dem Streben, die Bilder seiner grausam erhitzten Phantasie aufzuzeichnen und der ungläubigen Welt seiner Pariser Umgebung genau und handgreiflich mitzutheilen, trieb Berlioz seine enorme musikalische Intelligenz bis zu einem dahin ungeahnten technischen Vermögen. Das, was er den Leuten zu sagen hatte, war so wunderlich, so ungewohnt, so gänzlich unnatürlich, daß er dies nicht so gerade heraus mit schlichten, einfachen Worten sagen konnte, er bedürfte dazu eines ungeheuren Apparats der complicirtcsten Maschinen, um mit Hilfe einer unendlich fein gegliederten und auf das Mcmnichfaltigste zugerichteten Mechanik das kund zu thun, was ein einfach menschliches Organ unmöglich aussprcchcn
konnte, eben weil es etwas ganz Unmenschliches war---- Er hat cS den Musikern
möglich gemacht, den allerunkünstlerischsten und nichtigsten Inhalt des Musikmachens durch unerhört mannichfaltige Verwendung bloßer mechanischer Mittel zur verwunderlichsten Wirkung zu bringen." —
Muftk. — Die musikalische Wintersaison Leipzigs steht durch ganz Eu-, ropa in gutem Rufe, die Stadt verdient aber auch dieses Renommee. Folgendes z. B. ist in den letzten Wochen hier aufgeführt worden: Im ersten Concert des Musikvereins Euterpe: .Ouvertüre,zu dem Wasserträger von Cherubim, Sinfonie in L-Dur von Franz Schubert; Arie aus Fidclio von Beethoven und Lieder von Riccius, Franz und Rictz, gesungen von Fräulein Bück; Fantasie für Pinnofortc, Chor und Orchester von Beethoven, die Pianvsortestimme gespielt von Fräulein Marie Wieck aus Dresden, und zuletzt Fantasie von Lcop. de Meyer sür Pianofortc, dnrch dieselbe Künstlerin. — Im zweiten Concerte dieses Vereins: Die Ouvertüre zur schönen Mclusine von Mendelssohn- Bartholdy, Sinfonie Pastorale von Beethoven; BacchuS-Chor aus Antigone von Mendelssohn und Männerchöre von Dürrner, Petschke und Gadc, gesungen von dem Pauliner-Sängervcrciu; Concert sür die Violine in ^,-moII von Moliquc und La Na- politana, Fantasie von Franz Schubert, gespielt von dem König!. Kammermusikus Heinrich Riccius aus Dresden. — Musikdircctor des Vereins ist. wie in früheren Jahren, A. F. Riccius.
Das sechste Gewandhaus-Concert brachte die Ouvertüre zur Jvhigenie in Aulis von Gluck und die Linlonig ervioa von Beethoven; die in Lodoiska eingelegte Arie ' sür Sopran von C. M. von Weber und die Siciliana von Pergolese, gesungen von Frl. Bury; Adagio für die Violine von Spohr, und Concert (Nr. i) von A. Pott, gespielt von dem Großhcrz. Oldenburgschen Kapellmeister A. Pott. — Im siebenten Gewandhaus-Concerte: Eine neue Sinfonie von Fcrd. Kufferath, Ouvertüre zur FingalS- höhle von Mendelssohn und Ouvertüre zum Freischütz; Scene und Arie mit obligater Violine von Mozart, vorgetragen vom Concertmeister F. David und Frl. Bury, dann Grenzbote». IV. 60