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Das Od.
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man mit den Fingerspitzen der rechten Hand auf der linken Körperseite des Sen­sitiven herab, so wird er diesen Strich selbst durch die Kleider kühl empfinden. Fährt man mit beiden Händen über die ungleichnamigen Seiten des Patienten, so kommt ein angenehmes Kühle- und Ruhegefühl über diesen, das sich bei steter Wiederholung der Manipulation zum magnetischen Schlaf steigert. Ohne Magne- tiseure von Profession zu sein, können wir also, wenn es uns nur gelingt, eine Sensitive aufzutreibeu, den Somnambulismus aus eigener Anschauung studiren. Die ganze Praxis des HändeauflegeuS, des Streicheus alter Frauen, hört auf, eine verzeihliche Speculation auf den Unverstand zu sein, sie wird nach dem Verfasser ein rationelles, auf physiologische Thatsachen begründetes Heilverfahren. Aber nicht nur für die Medicin wird diese Entdeckung von unberechenbaren Folgen sein, auch die Oekouomie, die Industrie, der Bergbau werden Vortheile davon ziehen. Die Sensitiven erscheinen uns immer mehr, nicht als die Kranken, Be­dauernswerthen, nein als die Bevorzugten des Menschengeschlechts; sie sind im Stande, unterirdische Quellen zu entdecken und die Metalle zu erkennen, die tief verborgen an gewissen Stellen des Bodens ruhen. Die Sage von der Wünschel­ruthe erklärt sich ganz natürlich. Alle Goldstnder, Quellensucher und Hexen­meister waren Sensitive. In den Nerven dieser Menschen ruft das fließende Wasser, auch tief im Boden unter ihren Füßen, ganz andere Empfindnngen her­vor, als die von Quellen nicht durchsetzte Erdschicht, die vorher ihr Fuß betrat. Der Sensitive wittert schon in weiter Entfernung, ob Silber- oder Kupferadern ein Gestein durchziehen, was seine Hand berührt. Ein Sensitiver wird in keinem Bergwerk fehlen dürfen, um zu entscheiden, ob hier ein Gang zu verlassen, dort ein Neuer einzuschlagen, der lohnendere Ausbeute verspricht.

So wunderbare Kräfte sind leider nur wenigen Menschen verliehen. Wäre der Odsinn allgemein, so schließt der Verfasser, dann müßten wir eine Art Engel sein. Die Allweisheit, die nur irrende Menschen wollte, hat uns darnm ver­sagen müssen, was uns Halbgöttern gleichgestellt haben würde.

Das Kaiserreich und der europäische Friede.

Die Frage, ob die Aufrechthaltung des Weltfriedens verträglich sei mit der Errichtung des Kaiserreichs in Frankreich, ist jetzt das ewig wiederkehrende Thema der europäischen Presse; bei jedem Anlaß tancht sie von Neuem auf, jeder Umstand, der Besorgnisse erregen kaun, wird hervorgehoben, jedes officielle Wort, das dieselben beruhigen soll, nach allen Seiten hin gedeutet. Die Interessen Aller freilich sind hierbei so sehr betheiligt, so tief berührt werden davon die