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„RittersckM", mit welchem Ausdruck er theils den Staud, theils die Partei der Kreuz- zcituug bezeichnet. Er wirst der lctztern vor, die Revolution, statt sie ernsthaft zu bekämpfen, zum Vortheil ihres Standes ausbeuten zu wollen. Er sagt ihr sehr bittere Dinge, wirft ihr Mangel an Ernst, an Bildung, an Sittlichkeit u. f. w. vor, uud verweist die^Ritterschast auf ihren „wahren Benif", die Nackten zu kleiden, die Hungrigen zu speisen u. s. w. Das wäre so weit recht gut, unseren Junkern kann wol einmal ordentlich die Wahrheit gesagt werden, es wird ihnen nichts schaden. — Allein im Allgemeinen werden wir uns doch in dieser Streitfrage auf Seiten der Junker stellen müssen. Wahr ist es, sie stellen die Interessen ihres Standes über alles Andere; sie lassen ferner diese Interessen über ihr gcsammtes Denken und Empfinden so übermächtig werden, daß sie gar nicht mehr im Stande sind, eine andere Ansicht auch nur zu verstehen; wahr ist ferner, uud das hätte ihr Gegner mehr hervorheben sollen, daß sie auch ihrer Fahne nicht immer treu bleiben, daß sie, wenn es ihnen convenirt, heute Absolutesten sind, um ihre Gegner durch die Polizei zu unterdrücken, morgen Frondeurs, wenn die Regierung von ihrem Stande irgend ein Opfer verlangt, u. s. w. Das ist Alles wahr, aber selbst dieses einseitige, bornirte und zweideutige Staatsinteressc hat immer noch mehr Leben in sich, und ist fruchtbarer für die Entwickelung des Staats, als der Fatalismus, mit dem sich Herr Hubcr dem vormärzlichcu (oder vielmehr dem vorsebruarlichen, denn er will mit seiner Reaction über das Landtagspatent von 18i7 hinausgehen) Absolutismus in die Arme wirft. Wir müssen um so entschiedener dieses aussprcchcn, da seit dem Gelingen des französischen Staatsstreichs die Zahl der Absolu- tisten „aus Princip" sich täglich vergrößert, nnd da diese Stimmung gerade die richtige wäre, um die wenigen Lebcnsrcste, die sich in unsrem Staatslcben noch vorfinden, vollends in Stagnation zu verschen.
Napoleon und Graf von Kervegem. Nach dem Französischen. (Berlin, W. Hertz.) — Eine anmuthige und gut erzählte Episode auS der Geschichte des „großen" Napoleon, mit etwas lcgitimistischcr Färbung.
Aus dem Leben eines sächsischen Husaren und auS dessen Fcldzügen 1809, 1812 uud 1813 in Polen und Rußland, von Theodor Goethe. Leipzig, Hinrichs'sche Buchhandlung. 1853. Der Verfasser, preußischer Steucrrath a. D., machte diese Feldzüge als Fonrier mit und schildert seine und des sächsischen HusarenregimcntS Abenteuer und Erlebnisse mit großer Aecuratcsse. Die Darstellung macht durchaus den Eindruck der Wahrhaftigkeit. Einzelnes Interessante würde auch für die Kriegsgeschichte der- betreffenden Campagnen zu entnehmen sein; das Hauptinteresse liegt in der genauen Darstellung der persönlichen Erlebnisse eines braven Husaren. Dabei passirt freilich, daß dem würdigen Veteranen Dinge anziehend erscheinen, welche unsre blasirte Zeit nicht dafür halten wird. Jedenfalls wird das Werk den Kriegskameraden des Verfassers und den zahlreichen Kameraden dieser Kameraden eine ansprechende Unterhaltung gewähren.
Herausgegeben von Gustav Fveytag mid Jnlian Schmidt.
Als vercmtwortl. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. — Verlag von F. L. Hevbig
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbcrt in Leipzig.