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hänglichkeit an eine bestimmte Partei hätte voraussetzen können, und der Gang der Ereignisse gegen den Schluß seiner Laufbahn trug noch mehr dazu bei, die alten Parteiunterschiede verschwinden zu machen. Obgleich ursprünglich ein Con- servativer, war ^>er Herzog doch kein heftiger Gegner der Whigs. Er wußte, daß, wie er sich bei Gelegenheit der Reformbill ausdrückte, „die Regierung der Königin fortgeführt werden müsse," und die Regierung der Königin ließ sich viel leichter mit dem Beistand, als uuter der, wenn auch stillschweigenden Mißbilligung eines so ausgezeichneten Unterthans fortführen. So that er denn sein Bestes bei Allen ohne Unterschied, und erfüllte seine Pflichten fast mit derselben Hingebung, mochte ein Whig- oder ein Toryministerium am Rnder sein, uud in allen Fällen, wo kein Anderer Rath wußte, wurde der Herzog von Wellington in das Cabinet der Königin berufen. Aber er war nicht blos ein Rathgeber, — er war auch eine Autorität. Er hatte nicht blos das allgemeine Recht, die Wahrheit zu sagen, sondern ihm war auch das Vorrecht vorbehalten, die Krone oder das Parlament zur Anerkennung derselben zu bewegen. Dadurch war er sowol Peel, wie den Whigs ein unschätzbarer Bundesgenosse im Oberhause, und stets, wenn die Privatinteressen der Pairie mit den allgemeinen Interessen des Landes in Widerspruch geriethen, erhob, er seine gewaltige Stimme, und bewog die Widerwilligen zum Nachgeben. Nur durch seinen Einfluß gelang es, die Getreidebill im Oberhaus zur Annahme zu bringen.
Ein gesunder Sinn für das Wahre und Rechte, ein instinctmäßiges Pflichtgefühl war die starke Grundlage des Charakters Wellington's. Nichts war blendend an ihm, sondern Alles war schlicht, solid und vou nachhaltiger, männlicher Kraft. Enthusiasmus war ihm fremd, und er mißtraute ihm bei Anderen; er meinte, er nehme sich nur schön im Buche aus; selbst von seinen Soldaten verlangte er „Ruhe im Gefecht, nicht ungestüme Tapferkeit." Ueberhaupt war er fern von jeder idealistischen Anschannng, ein reiner Praktiker anch im politischen Leben. Auf politische Consequenz uud principielles Handeln gab er Nichts, und er erkannte als Princip seines Handelns nur' das Wohl des Staates an. „Wenn die Welt durch Principien regiert würde," sagte er, „so wäre Nichts leichter, als selbst die größten Staatögeschäfte zu leiten; aber in allen Fällen habe ein weiser Mann nur die geringste von zwei Schwierigkeiten, die ihm aufstießen, zu wählen." Aber freilich gehörte dieses strenge Pflichtgefühl, der hohe moralische Standpunkt des Herzogs dazn, um hier uicht iu Willkür zu verfallen und in dürrestem Empirismus zu vertrocknen. Im Grunde gab dieses hohe Pflichtgefühl seinem Charakter mehr, als ihm der Schwung der Begeisterung geben konnte, denn wenn ihm durch den Mangel des letztem auch alles Glänzende und den großen Hänfen Blendende abging, so besaß er dafür in jenem einen um so sicherern und zuverlässigern Führer, den keine Leidenschaft über Ziel und Weg verblenden konnte. Von Wichtigkeit für ihn war seine enge und langjährige politische