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Verhältnisse dem alten Alliirten entgegenkommt. Namentlich in der Frage, die gegenwärtig in Betracht kommt, der Zollvereinsfrage, darf Preußen keinen Zoll breit nachgeben.
Wir hatten im vorigen Heft die Ueberzeugung ausgesprochen, daß Hannover nach den jetzt bekannt gewordenen geheimen Bedingungen des Septembervertrags an einen Bruch nicht denken könne. Wir halten anch jetzt diese Ansicht fest, obgleich die eigenthümliche Fonn,' in welcher nach dem Schluß der Konferenz der hannvversche Bevollmächtigte aus Berlin abberufen wurde, dagegen zn sprechen scheint. Das Alles sind lediglich Nachwehen von der alten Antipathie der deutscheu Staaten gegen Prenßen, von dem man voraussetzte, es nehme zwar alle Augenblicke eine herausfordernde Miene an, aber es gebe augenblicklich nach, sobald man ihm Ernst zeige. Diesem dunkeln Gefühl folgend, hat man, ohne einen bestimmten, klar ausgesprochenen Zweck, Preußen von allen Seiten in Verlegenheit zu setzen gesucht, und wenn man jetzt überrascht ist, sich in Preußen geirrt zu haben, so gebraucht man doch Zeit, sich in diese neue Auffassung zu finden. Man wird aber sich darin finden, weuu Preußen fest bleibt.
Wir dürfen dem Ministerium eine bittere Wahrheit nicht verschweigen. Der jetzige, wenigstens anscheiueude Bruch des Zollvereins geht, Muigstens znm großen Theil, daraus hervor, daß es vor Ollmütz nicht zurückgetreten ist. Wir wollen die Lage deS preußischen Staats vor der Ollmützer Zusammenkunft hier nicht näher untersuchen; war aber Ollmütz nöthig, so mußte es einem Ministerium überlassen bleibeu, das uoch intact war, das in der bisherigen politischen Richtung Preußens keine Verpflichtungen übernommen hatte, das also nicht in Widerspruch mit sich selbst treten konute. Deuu hätte sich das Vorurtheil der übrigen deutschen Staaten, mau könne Preußew Alles bieten, nicht in dieser Ausdehnung festgesetzt, dann hätte man gegnerischer Seits die- Eventualität, Preußen könne doch einmal Nein sagen, ins Ange gefaßt, und sich danach eingerichtet, man hätte sich nicht ans alle Fälle die Hände gebunden.
Wie dem aber auch sei, die Vergangenheit lassen wir dahingestellt sein. Staaten können viele Sünden begehen, ohne daß ihr Untergang die unvermeidliche Folge wäre. Preußen kann auch jetzt uoch seinen Credit wiederherstellen, wenn es sich in der eben so festen als besonnenen Haltung, die es zuletzt eingenommen, behauptet: kein Nachgeben gegen jene verderbliche Buudeötagspolitik, welche (denn das ist die Hauptsache im Bestreben der Koalition, nicht etwa Schutzzoll oder Handelsfreiheit) die inneren Angelegenheiten Preußens vor das Forum des Bundestags ziehen, d. h. Preußen zu Gunsten Oestreichs mediatisiren will; dagegen offenes und rücksichtsloses Entgegenkommen in der äußern Politik, in der Oestreich und Preußen jetzt nur ein Interesse haben. Wie Oestreich in Italien, so ist Preußen ?am Rhein bedroht; das Eine muß für das Andere eintreten. Wir können die besten Waffenbrüder von der Welt sein, aber in unsren
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