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Nußland, wird von heidnischen Zauberern sein naher Tod verkündigt. Jwaw Wasiljewitsch sitzt auf eiuem thronartigen Sessel, vor ihm die Zauberer, einer in der Mitte weissagend, zwei andere auf dessen beiden Seiten, einer aus eiuem Becher Zanbertränke trinkend, welche die Sinne betäuben und ihn in den Znstand versetzen sollen, welcher der Ausübung -seines Berufs günstig ist, und iu welchem ein anderer, der am Boden iu krampfhaften Zuckungen liegt, sich bereits befindet. Um den Czaren noch ziemlich viel Figuren, seine Familie, ein Arzt und Andere seiner Umgebung. Die Meisten, die sich fragen, warum das Bild nnr abstoßt, werden schnell mit der Antwort, fertig sein: „Es ist der Gegenstand, der nns zn fremdartig nnd zum Theil widerwärtig ist." Sie irren; denn wenn wir auch den Gegenstand nicht zn den günstigsten rechnen, so konnte er anders ausgefaßt uud wiedergegeben, ein viel allgemeineres menschliches Interesse erregen uud gewaltiger wirken. Es mußte von entschiedenem Eindruck sein, wenn wir einen der entsetzlichsten Tyrannen, welchen die Erde je getragen, sehen, dem in diesem Augenblick plötzlich und gewaltig Las Gewissen geregt wird. Diese regende Kraft köuute freilich uicht repräseutirt werden durch abenteuerliche Leute, aus denen zu sehr die Charlataneric ihres Handwerks spricht, als daß wir ihnen glauben konnte»; der Czar sitzt mehr tiefsinuend, als erschüttert und im erwachten Bewußtsein seiner Verdammnis; da; dazn siud eine Menge von -Nebenfiguren iu dem etwas großen Raume zerstreut, die zum Theil mäßig und den Eindruck des Ganzen eher schwächen als kräftigen. Man denke sich das Bild mit wenigen Figuren, den Czaren, den Propheten, denn in dieser würdigern Gestalt mußte der Zauberer auftreten, eiu Bote himmlischer Strafe, der uns in erhabenerer Begeisterung selbst für einen Moment an die Wahrheit seiner Mission glauben macht; noch wenige der nächsten Umgebung des Czareu, die mit erschüttert, erschreckt und entsetzt in größerer Prägnanz daö ausdrücken, was jetzt in ziemlich viel Figuren, wenn auch oft fein, (z. B. in dem Arzt und der Gemahlin des Großfürsten) doch zn unentschieden und abgeschwächt gegeben ist. Es scheint, der Künstler hat sich dnrch vorhandene historische Notizen verleiten lassen, manche Figur und Beziehung anzubriugen, die eben nur historisches Interesse, aber keinen poetischen Gehalt hat. Stellen wir uns mit auf den Standpunkt des Küustlers, so müssen wir freilich gestehen, er HNt uus ein wirklich interessantes Gemälde jener Zeit gegeben, nnd so betrachtet sind namentlich die Zauberer vortrefflich, uud Manches in der Umgebung vou höchst charakteristischer Durchführung. Der Künstler kauu aber uicht verlangen, daß wir sein Kunstwerk cnlturhistorisch ausehn, wir wollen Menschliches, Poetisches, das uns erhebt und erbaut.
Die Ausführung des Bildes ist zwar sorgfältig, hat aber in der Farbe zn wenig Leben, Manches im Costnm könnte reicher und prächtiger sein, es würde
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